Freitag, 25. Januar 2019

Limbonic Art - Moon In The Scorpio

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Die Norweger LIMBONIC ART haben mit ihrem 1996er Debüt eines der bis heute faszinierendsten und stimmigsten Black-Metal-Werke der 90er erschaffen. Morfeus und Daemon zelebrieren auf Moon In The Scorpio eine dunkle Black-Metal-Symphonie der Extraklasse. In überlangen Songs mit epischem Ausmaß zelebriert das kreative Duo eine für damalige Verhältnisse sehr keyboardlastige und melodische Form des Black Metal. Die Tastentöne werden jedoch sehr kreativ und geschickt eingesetzt, sodass der Sound eher nach Weltraum schmeckt als nach Kirmes. Dies wird bereits von dem wunderbaren Coverartwork angedeutet.

Moon In The Scorpio gehört heute zu den norwegischen Black-Metal-Klassikern. LIMBONIC ART verstehen es, die Keyboards so geschickt und mitreißend mit eiskalt-rasendem Black Metal zu vereinen, symphonische Reisen durch den dunklen Kosmos zu erschaffen und mitreißende Songs zu schreiben. Alles wird durch die bedrohlichen und gewaltigen Keyboardflächen getragen, rasende Gitarren stürmen durch Raum und Zeit, und der infernalische Gesang von Daemon brennt sich wie ein Komet durch die unendlichen Sphären des Weltraums.

Der Einsatz eines Drumcomputers fügt sich perfekt in das Soundgewand der sechs Kompositionen ein und unterstreicht die bizarre Stimmung auf Moon In The Scorpio zusätzlich. Jeder der sechs Songs wird durch ein grandioses Intro eingeleitet, um dann schwarze Raserei und symphonische Dichte zu erschaffen. Allein der Beginn des Titelstücks ist pure Gänsehaut: Glocken, beschwörender Gesang, gefolgt von tiefschwarzer Black-Metal-Kunst. Das ist alles so grandios aufgebaut und komponiert, dass ich auch heute noch eine Gänsehaut bekomme.

LIMBONIC ART schaffen auf Moon In The Scorpio das Kunststück, trotz der opulenten Keyboards nie in schnulzige und überladene Songs auszubrechen. Auf dem gesamten Album herrscht eine pechschwarze, morbide Stimmung, das Tempo ist fast durchgängig sehr hoch, und die kunstvollen Zwischenstücke steigern die intensive Atmosphäre, die bis zum grandiosen Abschlusstrack Darkzone Martyrium anhält.

Leider haben LIMBONIC ART nie wieder dieses Niveau von Moon In The Scorpio erreicht, auch wenn der Nachfolger In Abhorrence Dementia von 1997 eine fast ähnliche Stimmung erzeugt und sogar für viele als das beste Werk durchgeht. Mit dem dritten Werk Ad Noctum Dynasty of Death, das 1999 erschien, schlug die Band einen völlig anderen Weg ein. Auch wenn dieses Album noch zu den besten Werken der Norweger gehört (neben dem Debüt für mich das beste Werk), verloren LIMBONIC ART mit jedem weiteren Album ihre völlig eigenständige Magie.

Moon In The Scorpio ist aber auch nach über 20 Jahren immer noch eines der faszinierendsten und gewaltigsten Black-Metal-Alben der 90er Jahre, das sich bis heute seine unwiderstehliche Aura bewahrt hat und in dieser Form nie wieder erreicht worden ist.

Montag, 21. Januar 2019

Mayhem - Grand Declaration Of War

Mayhem-Grand-Declaration-Of-War

Mayhem werden ja immer geschimpft, weil sie nicht mehr "trve" sind und sich von ihren Wurzeln entfernen. In Wahrheit liefern Mayhem schon seit Jahren mit jeder (Studio-)Veröffentlichung hochspannenden und experimentierfreudigen skandinavischen Evolutions-Black Metal ab, der in die Zukunft blickt. Ein übertrieben freches Werk haben sie 2000 mit Grand Declaration Of War abgeliefert. Nicht nachvollziehbare Schlagzeugbeats from outer space, stechende Gitarrenriffs, Billigtechno, Sounddesign wie in einer Nervenheilanstalt – und Maniac ist sowieso der geilste Typ in der Zwangsjacke.

Sonntag, 20. Januar 2019

Burzum - Filosofem

Burzum-Filosofem





















Ja, BURZUM waren wichtig für die Black-Metal-Szene der 1990er Jahre, zumindest wenn man sich mit der Musik beschäftigt. Denn diese ist bis heute immer noch ein Unikat im Black Metal – einflussreich und faszinierend. Die Alben Burzum bis einschließlich Filosofem sind für mich an manchen Tagen auch heute noch das Nonplusultra der zweiten Welle und der gesamten skandinavischen Black-Metal-Veröffentlichungen bis zur Jahrtausendwende.

Alles, was der Typ von sich gibt – seine Taten, Ansichten, Erscheinungsbilder und Post-Filosofem-Werke – sind für mich komplett undiskutabel und stellen nicht nur eine der größten Dummheiten der Rockmusik dar, sondern bleiben auf ewig als extrem bitterer Nachgeschmack an den ersten vier Alben kleben. Zudem gehe ich komplett konträr mit so einem Menschen. Ja, Kristian Vikernes ist und bleibt trotzdem ein Mensch. Das muss nicht jeder so halten.

Ich kann aber die ersten vier Alben, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen, hören, mich auf die Musik konzentrieren und alles andere ausblenden. Das funktioniert aber nur, weil auf den vier Alben keine politischen Aussagen zu finden sind und es textlich sogar eher harmlos (und interessanter) zugeht, wenn man die Alben mit anderen Genrevertretern aus dieser Zeit vergleicht.

Ich bin mir bewusst, was hinter dem Namen BURZUM und Varg Vikernes steht, wie die "Band" wirkt und was für ein unglaublicher Höhlenmensch dahintersteckt, aber um die Bedeutung (über die man ebenfalls bis zur Unendlichkeit diskutieren kann) der frühen BURZUM-Werke kommt man nicht herum, wenn man sich intensiv mit Black Metal auseinandersetzt.

Musikalisch und historisch betrachtet, gehören Burzum (1992), Det som engang var (1993) und Hvis lyset tar oss (1994) zu den bedeutendsten Vertretern der zweiten Black-Metal-Welle. Keine anderen Black-Metal-Alben besitzen diese einzigartige Aura, diese misanthropische Stimmung, diesen schneidenden Sound, diese irren Psychovocals, diese Trägheit und diese stilbildende Gitarre.

Der Sound der ersten vier BURZUM-Alben ist unkopierbar, bis heute unerreicht und für mich das Maß aller 90er-Black-Metal-Alben. Es ist auch völlig egal, welches der drei ersten Alben prägender war, denn man kann es drehen und wenden, wie man will – jedes der drei ersten Werke ist auf seine Art einmalig und stilbildend.

Sei es das rohe, dilettantische Debüt, das so reduziert ist, dass es beim Hören schmerzt und mit dem Eröffnungstrio Feeble Screams from Forests Unknown, Ea, Lord of the Depths und Black Spell of Destruction drei absolute Klassiker der Szene enthält. Der Nachfolger, der sich beim Thrash- und Death Metal bedient, stellt das kantigste und ruppigste Album dar und wartet zudem mit dem ersten Brummkreisel-Keyboard-Smash-Hit Han som reiste auf. Oder das für viele beste Werk Hvis lyset tar oss, das die Blaupause für alle depressiven und suizidgefährdeten Black-Metal-Bands darstellt.

Gleichzeitig ist gerade Hvis lyset tar oss auch eines der traurigsten und hoffnungslosesten Alben der Black-Metal-Szene, das wunderbar hymnisch und roh ist, dabei aber immer mit unfassbar verwinkelten Melodien glänzt. Das faszinierendste und prägnanteste Album ist jedoch für mich das letzte BURZUM-Werk Filosofem, das so trostlos und kalt ist, dass sogar die "klassischen" Vorgänger daneben verblassen.

Filosofem ist vertonter Hass. So hässlich und eiskalt, wunderschön und beängstigend abstoßend klang danach nie wieder ein weiteres Black-Metal-Album. Man muss sich auf diese rostige Gitarre, das zähe Tempo, die umwerfende schleppende Monotonie, das unerträglich reduzierte Schlagzeug und den verzerrten Gesang einlassen. Dieser klagt hier eher elektronisch verfremdet, statt wie bei den Vorgängern in extremen Tonlagen zu kreischen.

Zu Filosofem habe ich früher überhaupt keinen Zugang gefunden, bis mich das Album irgendwann komplett gefangen genommen hat. Es ist schwer zu beschreiben, was den Reiz von Filosofem ausmacht, welche Anziehungskraft das Album ausübt und welche Stimmung es heraufbeschwört. Es steht völlig alleine in der Szene, ein Werk mit unglaublicher Atmosphäre, das auch heute noch die gleiche Energie ausstrahlt wie vor über 20 Jahren.

Das Gitarrenriff in Jesus' Tod bringt mich auch heute noch um den Verstand, der Schlagzeugeinsatz in Verbindung mit dem Riff gehört zu den größten Momenten der gesamten Black-Metal-Welt von 1990–1999. Solche Gänsehautmomente findet man selten auf einem anderen Black-Metal-Werk. Der schleppende Moloch Dunkelheit mit seinen Keyboardtupfern, dem stampfenden Beat, dem monotonen Gitarrenriff und dieser betörend-bestialischen Stimme ist Tristesse in Reinkultur. Erblicket die Töchter des Firmaments mit seinen unheimlichen Melodien aus der Tiefe und beschwörenden Gitarrenriffs in Verbindung mit dem trägen Schlagzeug und den verzerrten Vocals sind kleine magische Momente.

Und dann wäre da noch das tranceartige Instrumentalstück Rundgang um die transzendentale Säule der Singularität, das ganze 25 Minuten auf dem Album einnimmt. Zusammen mit Tomhet vom Vorgänger Hvis lyset tar oss ist es das beste Stück 1-Finger-Casio-Keyboard-Ambient der Welt! Es ist so simpel und doch so unglaublich dicht und atmosphärisch, dass ich es stundenlang hören kann, ohne Ermüdungserscheinungen zu spüren.

Bis hierhin – Gebrechlichkeit II mit eingeschlossen – waren BURZUM die mit Abstand eigenartigste Band der Szene. Vielleicht auch die faszinierendste und einflussreichste Black-Metal-Band der 90er Jahre. Musikalisch betrachtet, haben BURZUM im Black Metal bis zu Filosofem eine alleinige Vormachtstellung und haben mit den ersten vier Alben Werke erschaffen, die auch noch in 30 Jahren diskutiert und musikalisch zitiert werden.

Auch wenn es für mich schwer ist, die Musik von den Ereignissen und der Person zu trennen, würde ich der Musik niemals die Bedeutung und Faszination absprechen, die allein aus der Musik entsteht und nicht, wie man gerne verwechselt, von der Person Varg Vikernes ausgeht. Denn aus meiner persönlichen Sicht haben BURZUM mit ihren ersten vier Alben die vielleicht bedeutendsten und wichtigsten Alben der zweiten Black-Metal-Welle erschaffen.

Sonntag, 13. Januar 2019

Entombed - Left Hand Path

Entombed-Left-Hand-Path

Es wäre sicherlich die einfachere Variante zu sagen, „hier, Left Hand Path ist halt der Band- und europäische Genre-Klassiker schlechthin“, aber bei Entombed ist es bei mir immer eine innere Verzweiflung, welches der beiden ersten Alben für mich bedeutender ist. Im Ernstfall ist es ganz klar Clandestine – weil es in allen Bereichen besser, schärfer, geiler, aufregender und sound- sowie songtechnisch das Debüt weit überragt und nebenbei meine Lieblingsschlagzeugperformance für die Ewigkeit enthält.

Die todesmetallische Entjungferung hat mir aber Left Hand Path beschert (unter anderem). Irgendwo in der Zeitspanne viertes Quartal der Neunzigerjahre habe ich die CD in einem mittlerweile nicht mehr vorhandenen Plattenladen in Leipzig mitgenommen (auch wegen dem tollen Seagrave-Coverartwork, zusätzlich hatte man ja auch schon mal etwas über dieses Album gelesen), und als das Gerät zum ersten Mal zu Hause im Kinderzimmer lief und ich vom Titeltrack-Opener-Oberklassiker förmlich überrannt wurde, war eine neue Liebe geboren.

Diese abartig geile Skogsberg-Produktion, der mega brachiale und legendäre Buzzsaw-Gitarrensound, Nicke Anderssons bereits angedeutetes Groovedrumming from outer space sowie sein Songschreibertalent und natürlich die hörbaren Einblicke in Lars-Göran Petrovs Speiseröhre der Perversität. Left Hand Path definierte am 4. Juni 1990 den schwedischen Death Metal von Grund auf.

Die vielen Klassiker auf diesem Album gehörten zu meinem täglichen Lehrplan in meiner Death Metal-Jugend. Bolt Thrower, Morbid Angel, Dismember, Death und viele mehr kämpften verzweifelt gegen meine Entombed-Liebe an. Rotzige Prachtklumpen wie Revel in Flesh, Supposed to Rot, Drowned, When Life Has Ceased oder But Life Goes On hat halt keine andere Band so gut hinbekommen.

Left Hand Path hat mich musikalisch weitaus mehr geprägt als Clandestine, dass Clandestine natürlich mein heiliger Death Metal-Gral ist, möchte ich hiermit aber nochmal betonen. Und mittlerweile kann ich auch ziemlich gut mit der späteren, lange von mir nicht beachteten Death 'n' Roll-Phase der Band.