Montag, 18. August 2025
Goblin - Profondo Rosso
"Profondo Rosso" vertont meisterhaft die Essenz des cineastischen Horrors und gilt als einer der größten Triumphe von Goblin. Ihr Meisterwerk aus dem Jahr 1975, das als Soundtrack zu Dario Argentos gleichnamigem Film entstand, ist ein prägendes Werk des italienischen Progressive Rock der Siebziger.
Der charakteristische Sound von Goblin, durchflutet von düsteren, hypnotischen und unheilvollen hektischen Synthesizern, angejazzten und treibenden Schlagzeuggrooves und prägnanten verschwitzten tänzelnden Bassfiguren, ist in seiner fiebrig roten Albtraum-Atmosphäre so unheimlich, dass man ständig fürchten muss, ein Mahr könnte jederzeit aus dem Klangbild auftauchen.
Goblins Fähigkeit, Spannung und Dramatik musikalisch umzusetzen, ist bereits hier in Vollendung zu hören; die Mischung aus Jazz-Elementen, progressiven Riffs und sphärischen Keyboard-Klängen verleiht dem Album eine Dynamik, die weit über das hinausgeht, was man gemeinhin unter Italoprog versteht.
Das Album ist ein Paradebeispiel für einen harmonischen Reigen unterschwelliger Bedrohungen in den ruhigeren Passagen und der fieberhaften Dramatik intensiverer Songs. Goblin haben sich eine eigene großartige Klangwelt mit ikonischem Sounddesign erschaffen und gehören nach wie vor zu den unverzichtbaren Erlebnissen, wenn man sich durch die Siebziger gräbt.
Freitag, 15. August 2025
Gluecifer - Automatic Thrill
Das 2004 veröffentlichte "Automatic Thrill" markierte den Schwanengesang von Gluecifer, meine Lieblingsschweine der skandinavischen Hard Rock-Welle aus den Neunzigern; ein letztes, donnerndes Statement, das die Essenz ihrer Musik erneut auf den Siedepunkt brachte. Das Album ist ein Hochgeschwindigkeits-Trip durch verrauchte Clubs mit schmuddeligen Bühnen; ein rotzig und selbstbewusster Faustschlag mit Lederjacke und Sonnenbrille.
Der wuchtige Gitarrensound, irgendwo zwischen punkiger Deutlichkeit und asozialem, leicht stadiontauglichem Hard Rock, dient als Katalysator für die treibenden Songs, die mit ihrer unnachgiebigen Energie ständig eine bevorstehende Detonation erzeugen. Biff Malibu führt das dreckige Treiben mit seiner schmierigen, kraftvollen Stimme an, wie ein charismatischer Draufgänger.
Das Songwriting auf "Automatic Thrill" ist scharf wie ein frisch geschliffenes Klappmesser. Gezielte Bombenabwürfe wie 'Shaking So Bad', 'A Call from the Other Side' und 'Here Come the Pigs' füllen jedes vernünftige Rockfan-Ohr mit Napalm. Der geschickte und nie zum Selbstzweck verkommene Umgang mit Groove sowie das unverschämte Talent, eingängige Songs zu schreiben, zeigen das Charisma der Band, die neben Tempo auch Stil zu bieten hat.
Ihre letzte große Feier des Rock lässt trotz der lauten, rauen und ungezähmten Energie unerwartete Melodiösität durchschimmern.
Mittwoch, 13. August 2025
Talk Talk - Laughing Stock
Mark Hollis, der mit "Spirit of Eden" bereits in experimentelle Gefilde vordrang und sein Pop-Kostüm ablegte, vollendete hier sein kompromissloses Streben nach künstlerischer Wahrhaftigkeit: seine Vision eines introspektiven, spirituellen und lebendigen Klangraums. Vorsichtig angeschlagene Gitarren, atemlose Trompeten und Hollis' schwebende Stimme, die zwischen Flüstern und Gesang schwankt, schaffen im Opener 'Myrrhman' eine Atmosphäre von zerbrechlicher Intensität. Die Band fusioniert Jazz, Post Rock und Kammermusik zu minimalistischen, tiefgründigen Kompositionen. Anstelle kommerzieller Zugeständnisse oder konventioneller Strukturen durchzieht eine organische Dynamik das Album. Die charakteristischen Momente der Stille wirken nicht wie Pausen, sondern wie bedeutungsvolle Areale voller Resonanz, jedes Knarzen und Zittern der Instrumente wird auf "Laughing Stock" greifbar. "Laughing Stock" war 1991 ein wegweisendes Album, ein musikalisches Panorama von revolutionärer Tragweite. Mit seiner dogmatischen Kopplung unterschiedlichster Klangzonen zu einem atmosphärischen Gesamtwerk voller Emotionen wurde es zur zentralen Wegmarke des Post Rock.
Donnerstag, 7. August 2025
Queen - Sheer Heart Attack
"Sheer Heart Attack" hob Queen 1974 endgültig aus dem Schatten der aufstrebenden Bands und etablierte sie als eine der innovativsten und faszinierendsten Rockbands ihrer Zeit. Dieses dritte Studioalbum (Wahnfakt: sieben Sprengkörper innerhalb von nur fünf Jahren gezündet) markiert einen Wendepunkt in der Karriere der Briten und vereint den bombastischen Charme ihres Debüts mit der stilistischen Vielfalt, die später ihr Markenzeichen werden sollte. 'Brighton Rock' demonstriert die technische Virtuosität der Band und gibt einen Vorgeschmack auf die kreative Energie, die das gesamte Album durchdringt. "Sheer Heart Attack" zeigt sich stilistisch als Chamäleon: von Hard Rock ('Now I'm Here') über theatralische und dramatische Elemente ('Lily of the Valley') bis hin zu beinahe kabarettistischen Eskapaden wie 'Bring Back That Leroy Brown'. Queen demonstrieren hier eine beeindruckende Bandbreite, ohne den roten Faden zu verlieren. Die Produktion ist dicht und opulent, ein frühes Zeugnis für die Ambitionen der Band, das Studio als eigenständiges Instrument zu begreifen.
Ein Höhepunkt ist das unvermeidlich mitreißende 'Killer Queen', das eine perfekte Balance aus Glamour, Ironie und musikalischer Präzision bietet. Nicht umsonst zählt dieser Song zu den größten Hits der Band und zeigt Freddie Mercury in Höchstform, sowohl als Sänger als auch als Songwriter. Darüber hinaus sticht das epische 'In the Lap of the Gods' hervor, das mit seinen ausladenden Chören und bombastischen Arrangements einen Vorboten für spätere Großtaten darstellt. Die oft unterschätzten Rhythmen von Roger Taylor und John Deacon sind hier tighter und kreativer denn je, und das Zusammenspiel aller vier Mitglieder zeigt auf diesem Werk eine einzigartige Synergie, die Queen ausmacht. "Sheer Heart Attack" lebt von seiner unbändigen Lust am Experimentieren und weigert sich konsequent, sich auf ein Genre festzulegen.
Ein energiegeladenes, innovatives und schlichtweg brillantes frühes Meisterwerk, das einen faszinierenden Blick auf die musikalische Meisterschaft von Queen bietet und die Weichen für ihren späteren Welterfolg stellte.
Montag, 4. August 2025
The Meads of Asphodel - The Murder of Jesus the Jew
Das 2010 veröffentlichte Werk ist ein aberwitziges Konzeptalbum, das sich mit der historischen und religiösen Figur Jesus auseinandersetzt, eingebettet in einen theologischen, philosophischen und politisch aufgeladenen Kontext. Doch keine Sorge: Trotz der schwerwiegenden Thematik bleibt das Album ein musikalisches Spektakel voller Absurdität, Kreativität und schwarzem Humor. The Meads of Asphodel überschreiten hier sämtliche Genregrenzen. Black Metal bildet zwar die Basis, doch schon der erste Song 'My Psychotic Sand Deity' zeigt, dass hier alles erlaubt ist; von sakralen Chören über folkige Einflüsse, Bläser und thrashige Riffs bis hin zu psychedelischen Ausbrüchen und einem unnormal fragilen, völlig unerwarteten Mittelteil, vorgetragen von einer sich auflösenden weiblichen Engelsstimme und von epischen Leadgitarren zum Licht geführt. Es entsteht ein kaleidoskopischer Wirbelsturm aus Stilen und Ideen, die scheinbar unzusammenhängend wirken, aber auf wundersame Weise ein zusammenhängendes Ganzes ergeben. 'Addicted to God' ist eine bitterböse Satire mit hymnischen Refrains, treibenden Riffs und wütenden Vocals. Auch hier wird man von einer abnormalen kreativen Verrücktheit im Mittelteil überrumpelt; plötzlich ertönt ein ketzerisches, Monty Python-artiges Musical in seiner ganzen grotesken Tragweite. Textlich ist das Album ebenso provokant wie die Musik. The Meads setzen sich kritisch mit Religion, Dogmatismus und der historischen Figur Jesus auseinander, ohne den Anspruch auf eine absolute Wahrheit zu erheben. Stattdessen laden sie dazu ein, bestehende Geschichte zu hinterfragen und eigene Perspektiven zu entwickeln. Die Texte sind intelligent, bissig und bieten eine faszinierende Mischung aus Geschichtswissen, Ironie und bitterem Sarkasmus. "The Murder of Jesus the Jew" ist alles andere als leicht verdaulich, weder musikalisch noch inhaltlich. Es ist ein wilder, respektloser, fordernder und teilweise verstörter Streifzug durch die schrägen Visionen der Band.
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