Dienstag, 30. August 2011

Wolves In The Throne Room - Two Hunters

Wolves-In-The-Throne-Room-Two-Hunters

Schon das begnadete Vorgängerwerk „Diadem Of 12 Stars“, das ein Jahr zuvor erschien, sorgte für jede Menge Begeisterung im Black-Metal-Underground. Ursprünglicher Black Metal amerikanischer Prägung, kombiniert mit einer Vielfalt an ungewöhnlichen Melodien und einer sagenhaften Atmosphäre, wurde von den drei eigenartigen Amerikanern erschaffen. Raserei gepaart mit dichten Harmonien und spannenden Songs, die alle eine Spielzeit von über 10 Minuten aufwiesen.

Das ein Jahr später erschienene Nachfolgerwerk „Two Hunters“ konzentrierte sich auf die Stärken des Vorgängers, erreichte ein noch ergreifenderes Songwriting, bot noch mehr Gänsehautmelodien und avancierte mit gerade einmal drei Songs zu einem der besten Black-Metal-Werke des Jahres 2007!

Was genau macht „Two Hunters“ so besonders? Was unterscheidet dieses Werk von den restlichen europäischen Black-Metal-Veröffentlichungen? Zuerst sind da die Songs: Alle drei Kompositionen sind ungreifbare Diamanten von schwärzester Schönheit und zugleich brutal, ungestüm und fordernd.

Eingeleitet wird das Album durch das ungewöhnliche „Dea Artio“, ein sehr ruhiges und tragendes Ambient-Stück, begleitet von seichten Drumschlägen, atmosphärischen Keyboards und spacigen Gitarrentönen. Dieses Stück erinnert eher an düsteren Post-Rock. Doch schon mit dem folgenden „Vastness And Sorrow“ stürmt die Band in Sphären, die nur wenige Black-Metal-Bands erreichen. Eine klagende Gitarre beginnt, bis das überragend erdige und natürlich klingende Schlagzeug einsetzt.

Harmonische Riffs erzeugen von der ersten Sekunde an diese typische, einzigartige Atmosphäre, die Wolves In The Throne Room auszeichnet. Traumhafte Melodien werden im Minutentakt mit der Gitarre erzeugt, rasende Drumsalven legen sich wie kalte Nebelwände über den gesamten Song, und der kräftige Gesang von Nathan und Rick thront über diesem unfassbar stimmigen Klanggemälde. Allein mit diesen 12 Minuten erzeugen Wolves In The Throne Room eine Atmosphäre, die bei skandinavischen Black-Metal-Bands kaum vorstellbar ist.

Auch das ungewöhnliche Drumming, das nicht einfach nur drauflosknüppelt, trägt maßgeblich zu dem kulinarischen Songwriting bei. „Cleansing“, ebenfalls sehr ruhig beginnend und mit Frauengesang untermalt, erinnert anfänglich eher an Dead Can Dance als an Black Metal. Genau diese kleinen stilistischen Merkmale unterscheiden den amerikanischen Sound von der eher eisigeren und roheren europäischen Spielart des Black Metal.

Nach vier tranceartigen Minuten beginnt der Song genauso stürmisch wie „Vastness And Sorrow“ und spart ebenfalls nicht mit hintergründigen Melodien. Der absolute Höhepunkt des Albums folgt jedoch mit dem Kernstück „I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots“, einem der besten Black-Metal-Songs der letzten Jahre! Was hier für ein abwechslungsreiches Gewitter geboten wird, welche Harmonien sich in diesem Klangkosmos offenbaren und wie überragend die Band mit Melodien arbeitet – das alles geht meilenweit über den üblichen Black Metal hinaus.

Die gesamten 18 Minuten erzeugen eine Atmosphäre, die man nicht weniger als einzigartig beschreiben kann. Ein Monument, das Black Metal auf einer ganz anderen Ebene zelebriert. Alle drei Songs könnten kaum uneuropäischer klingen und sind intimer und bewegender als viele europäische Veröffentlichungen. Sie besitzen einen unbeschreiblichen Charme.

Alles auf „Two Hunters“ klingt lebendig und dicht, gleichzeitig aber auch rau und wild. Der warme, natürliche Sound passt hervorragend zu den außergewöhnlichen Songs und transportiert die tiefe Atmosphäre der Kompositionen perfekt in die heimischen Gefilde. „Two Hunters“ gehört mit seiner erschreckenden Schönheit zu den ergreifendsten und beeindruckendsten Black-Metal-Werken des vergangenen Jahrzehnts und ist bereits jetzt ein Klassiker des USBM!

Montag, 15. August 2011

Party.San Open Air 2011















 

Das 17. Party.San Open Air war dieses Jahr in gewisser Weise eine Besonderheit. Nach 16 Jahren verließen die Veranstalter das so extrem kultige Gelände im idyllischen Bad Berka und öffneten die Höllentore nun zum ersten Mal in Schlotheim / Flugplatz. Ob dies der richtige Weg ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Viele Fans reagierten 2010, nach dem katastrophalen „Party.Schlamm Open Air“, schockiert auf diese Nachricht. Dass auf dem Party.San Open Air fast immer schlechtes Wetter und viel Regen als zusätzlicher „Headliner“ vertreten sind, sollte nach vielen Jahren bekannt sein.

Am Ende zählt jedoch das Festival als Gesamtpaket, und auch dieses Jahr stellte die Party.San-Crew wieder ein beachtliches Festival auf die Beine – auch wenn wieder einmal nicht alles optimal war.

Die Anreise am Samstag war ungewöhnlich zäh, sodass ich Cliteater verpasste. Angekommen auf dem Gelände, fiel der großflächige Betonuntergrund auf, der sich bei Dauerregen als sehr positiv herausstellte. Zum Glück war das Gelände ähnlich aufgebaut wie in den Jahren zuvor, sodass man sich sofort zurechtfand. Metallschüssel abgestellt, wetterfeste Schuhe übergezogen und ab zur Bühne.

Dort lärmten gerade die hessischen Thrash-Metal-Urgesteine Witchburner, und ich gönnte mir erstmal das erste kalte Köstritzer Schwarzbier. Viel Publikum war noch nicht vor der Bühne, aber bei Panzerchrist füllten sich die vorderen Plätze. Die Dänen konnten mich schon auf ihren Alben „Soul Collector“ und „Room Service“ nicht überzeugen, und ohne Bo Summer von Illdisposed am Mikro wirkte der Gesamtsound noch uninteressanter. Magnus Jørgensen' krächzende Screams passten einfach nicht zu dem böllernden Death Metal der Dänen.

Egal, hingesetzt, Bierchen geschlürft, gequasselt und gelästert bis zur Umbaupause. Was dann allerdings folgte, war schlimmer als ein Samstagabend mit Florian Silbereisen und Stefan Mross zusammen. Heidevolk stümperten auf die Bühne und brachten in 40 Minuten alles auf den Punkt, für was ich mich in der Heavy-Metal-Szene schäme. Pagan Metal in seiner ganzen ekligen Abartigkeit. Wer hört bitte freiwillig solche als Foltermethode getarnte „Musik“? Stampfende Hüpf-Rhythmen, miserabler Klargesang, die Ein-Finger-Keyboard-Technik in Perfektion, peinliches Outfit und magenumdrehende Mitsing-Refrains – 40 Minuten voller Qualen und Fremdscham auf höchstem Niveau.

Warum solche Bands seit einigen Jahren auf dem Party.San Open Air stattfinden, ist mir ein Rätsel. Hier geht es wohl nur darum, mehr Publikum für das Festival zu gewinnen. Anders lässt sich die Menge der „Mallorca-Touristen-Metaller“ auf dem Festival nicht erklären.

Nach dieser Seelen- und Ohrenvergewaltigung freute ich mich auf Exhumed und ihren Carcass-lastigen Grindcore. Doch die Amerikaner waren wohl nach Bad Berka gefahren und suchten dort nach dem Festival, sodass die Norweger Taake ihren Platz mit Exhumed tauschen mussten. Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, was an den Norwegern so toll sein soll. Für mich spielten Taake schon immer in der 2. Liga des Black Metal – auch auf dem Party.San. Mittelmäßiger Black Metal ohne Herz und Seele, spannungsarme Songs und ödes Songwriting. Zeit, sich zur Fressmeile zu begeben und beim Inder leckere vegetarische Kost zu genießen.

Exhumed schafften es dann doch noch rechtzeitig nach Schlotheim, um ihren Grindcore in die Massen zu ballern. Nur der Sound spielte wieder nicht mit. Ein einziger Klangmatsch dröhnte aus den Boxen und ließ nur erahnen, wie nah Exhumed am Sound der frühen Carcass sind.

Als Nächstes folgten die gehypten Nachtmystium aus den USA. Auch hier erschloss sich mir nicht, was an ihrem Sound so toll sein soll. Gerade die US-Black-Metal-Szene hat so viele erstklassige Bands zu bieten – Nachtmystium gehören mit Sicherheit nicht dazu. Der immer gleiche, nervtötende Keyboardeffekt war extrem penetrant. Wie man spannenden und intelligenten US-Black-Metal spielt, zeigen Bands wie Cobalt, Woe oder Tomb.

Zeit für Hail of Bullets und den sympathischen Martin Van Drunen. Die Holländer um Ausnahme-Drummer Ed Warby sorgten mit ihrem einfachen und rhythmischen Old-School-Death-Metal für eine angenehme Abwechslung. Teilweise lustige, aber auch dämliche Ansagen von Van Drunen sorgten für den einen oder anderen Lacher. Mehr als mittelmäßiger Standard-Death-Metal bot der Sound der Holländer jedoch nicht, aber die Stimmung war trotzdem beachtlich.

Vielleicht lag dies an der nachfolgenden Band, die von vielen Medien und Fans als die Black-Metal-Band der Stunde angesehen wird: Watain. Doch auch hier folgte für mich nur einschläfernder Black Metal, klischeeüberladen bis zum Gehtnichtmehr! Musikalisch so aufregend wie die Hornhaut am Fuß meiner Oma und so böse wie das Killer-Kaninchen aus Monty Python and the Holy Grail! In den nächsten 45 Minuten war Bier trinken, quatschen und lästern angesagt. Unbedeutsamkeit verdient bei mir keine Beachtung.

Bisher hatte jede Band einen ziemlich miserablen Sound. Die Gitarren waren viel zu leise und drucklos, das Schlagzeug viel zu laut, besonders die extrem getriggerte Bassdrum nervte gewaltig, und der überlaute Bass verschlang jede Melodie. Mit einem super Sound konnte man auf dem Party.San noch nie rechnen, aber was dieses Jahr geboten wurde, grenzte an eine Beleidigung.

Überraschenderweise schaffte man es, der deutschen Death-Metal-Legende Morgoth einen passablen Sound zu verpassen. Eigentlich hatte ich nicht viel von Morgoth erwartet, doch nach wenigen Minuten kristallisierte sich das erste Highlight des Samstags heraus. Zum Glück konzentrierten sich Morgoth auf ihre Werke „Resurrection Absurd“, „The Eternal Fall“ und „Cursed“ und hatten somit genügend erstklassige Songs im Gepäck. Besonders der Band-Klassiker „Pits of Utumno“ sorgte für Gänsehautstimmung. Nur der Gesang von Marc Grewe war etwas zu drucklos, und seine Ansagen wurden auf Dauer peinlich. Trotzdem lieferten Morgoth ein beeindruckendes Set ab.

Nun war es Zeit für den ersten Headliner am Samstag: Enslaved, die sich in den letzten 10 Jahren zu einer der eindrucksvollsten Bands der Extrem-Metal-Szene entwickelt haben. Endlich konnte man von einem fast anständigen Sound sprechen, auch wenn die Gitarre von Arve Isdal etwas zu leise war. Super tight und extrem stimmig beherrschten Enslaved die Bühne. Songs wie „Ground“, „Ruun“, „As Fire Swept Clean the Earth“ und „Isa“ zeigten, warum die Norweger zu den anspruchsvollsten Bands der skandinavischen Szene gehören.

Auch der Klassiker „Allfáðr Oðinn“ reihte sich perfekt in das komplexe Songmaterial ein. Zwar hätte ich mir „Slaget I Skogen Bortenfor“ gewünscht, aber man kann nicht alles haben. Nur die Nichtbeachtung des Klassikers „Frost“ und das Fehlen von „Eld“ war enttäuschend. Ein Klassiker wie „Svarte Vidder“ oder „Alfablot“ hätte für noch mehr Abwechslung und Stimmung gesorgt. Trotzdem war Enslaved klar die beste Band des Tages.

Der einsetzende Regen und die Müdigkeit zwangen mich, At The Gates zu verpassen.

Bis auf den gewohnt miserablen Sound, Heidevolk und die Running Order war auch das diesjährige Party.San Open Air wieder ein feines Festival. Nur der Charme von Bad Berka fehlte komplett und konnte in Schlotheim nicht eingefangen werden. Die wirklich sparsame Ausschilderung des Festivals war ebenfalls negativ. Gerade bei einem neuen Gelände sollte so etwas nicht passieren. Die nervige Umleitung tat ihr Übriges. Hier hätte man vom Veranstalter mehr Informationen erwarten können.

Die Anzahl der „Touristen-Besucher“ nimmt jedes Jahr zu, was ich sehr schade finde, denn gerade die familiäre Atmosphäre hat das Party.San jahrelang ausgezeichnet. Wenn man sich wieder mehr auf reinen Death Metal, mehr Grindcore und frischen Black Metal aus dem Underground konzentriert, sollten die Pagan-Weicheier und Wacken-Schädlinge fernbleiben. Aber die Party.San-Crew sieht das wahrscheinlich anders. Wenn es nächstes Jahr noch mehr „Folksmusikantenstadl Metal“ gibt, war dies sicherlich mein letzter Party.San-Besuch. Hoffentlich wird es nicht so weit kommen.

Freitag, 5. August 2011

Smorzando - Smrad (Demo)

Kaum ein Black-Metal-Album hat mich in den letzten Jahren so sehr umgehauen wie das Demo der Schweizer Smorzando, das eine ganz spezielle musikalische Traumreise darstellt. Die fünf Kunstwerke auf „Smrad“ besitzen keine Songtitel und sind schlicht als „Lied 1“, „Lied 2“ usw. betitelt.

Wie es sich für ein richtiges Black-Metal-Demo gehört, ist der Sound dementsprechend extrem räudig und stinkt förmlich nach fauligem Keller. Genau hier lässt sich der erste Punkt für die Großartigkeit von Smorzando ausmachen: Der Sound dient auf „Smrad“ sozusagen als ein weiteres Instrument und hebt die ohnehin schon gewaltige Atmosphäre in unglaubliche Dimensionen.

Die Gitarre klingt dermaßen grell und beißend, dass es fast schon Schmerzen bereitet, dabei sind die vielen Melodien so hypnotisch, dass sie im Kontrast zur deprimierenden Grundstimmung stehen. Post-Rock- sowie Ambient-Einflüsse durchziehen die Songs, gepaart mit den irren, psychopathischen Vocals, was eine ganz eigene Grundstimmung erzeugt.

Das Tempo ist größtenteils schleppend und tragend. Keyboardsequenzen sowie der crunchige Gitarrensound schweben auf einer ganz anderen Ebene und besitzen schon fast etwas Magisches. Besonders die irren Vocals sind unglaublich mächtig – allein in „Lied 3“ und „Lied 5“ wird so intensiv geschrien, während in „Lied 2“ das Leiden förmlich spürbar ist. Das ist alles so mächtig und intensiv.

Besonders die grandiose Gitarre in „Lied 3“ zieht mir jedes Mal die Hosen aus, nur um den Song mit einer noch fräsenderen Melodie zu beenden. Intensiver geht es kaum! Die nächste Steigerung folgt mit „Lied 4“. Ehrfürchtige Melodien paaren sich mit psychopathischem Gekreische und einer völlig weltfremden Atmosphäre. Das ist so überwältigend, dass mir die Worte fehlen.

Was Smorzando mit diesem, nüchtern betrachtet, grottigen Demo erschaffen haben, kommt, wenn man Glück hat, nur alle zehn Jahre in der Black-Metal-Szene vor. Hier wird Musik als ausdrucksstarkes Stilmittel verwendet, ohne dabei auf Sound oder spielerische Finesse zu achten. Die Musik auf „Smrad“ würde diese Gefühle niemals so übermitteln, wenn ein professioneller Sound verwendet worden wäre.

Besonders „Lied 5“ würde auf keine andere Weise funktionieren. Wie mächtig kann Musik eigentlich sein? Das unbarmherzige Geschrei, die unwirklich erscheinenden Melodien, die jede Hirnwindung explodieren lassen, und die Klaus Kinski- und Werner Herzog-Samples – sie passen einfach perfekt in den Song. Diese Stimmung kenne ich von keinem anderen Black-Metal-Werk. Die Atmosphäre auf diesem Demo ist völlig einzigartig und etwas ganz Besonderes.

Meine einzige Befürchtung ist, dass Smorzando diese Magie nie wieder reproduzieren können, weder auf einem Album noch auf einem weiteren Demo. Die Hoffnung auf eine weitere Veröffentlichung von Smorzando bleibt dennoch enorm hoch.