
Das 17. Party.San Open Air war dieses Jahr in gewisser Weise eine Besonderheit. Nach 16 Jahren verließen die Veranstalter das so extrem kultige Gelände im idyllischen Bad Berka und öffneten die Höllentore nun zum ersten Mal in Schlotheim / Flugplatz. Ob dies der richtige Weg ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Viele Fans reagierten 2010, nach dem katastrophalen „Party.Schlamm Open Air“, schockiert auf diese Nachricht. Dass auf dem Party.San Open Air fast immer schlechtes Wetter und viel Regen als zusätzlicher „Headliner“ vertreten sind, sollte nach vielen Jahren bekannt sein.
Am Ende zählt jedoch das Festival als Gesamtpaket, und auch dieses Jahr stellte die Party.San-Crew wieder ein beachtliches Festival auf die Beine – auch wenn wieder einmal nicht alles optimal war.
Die Anreise am Samstag war ungewöhnlich zäh, sodass ich Cliteater verpasste. Angekommen auf dem Gelände, fiel der großflächige Betonuntergrund auf, der sich bei Dauerregen als sehr positiv herausstellte. Zum Glück war das Gelände ähnlich aufgebaut wie in den Jahren zuvor, sodass man sich sofort zurechtfand. Metallschüssel abgestellt, wetterfeste Schuhe übergezogen und ab zur Bühne.
Dort lärmten gerade die hessischen Thrash-Metal-Urgesteine Witchburner, und ich gönnte mir erstmal das erste kalte Köstritzer Schwarzbier. Viel Publikum war noch nicht vor der Bühne, aber bei Panzerchrist füllten sich die vorderen Plätze. Die Dänen konnten mich schon auf ihren Alben „Soul Collector“ und „Room Service“ nicht überzeugen, und ohne Bo Summer von Illdisposed am Mikro wirkte der Gesamtsound noch uninteressanter. Magnus Jørgensen' krächzende Screams passten einfach nicht zu dem böllernden Death Metal der Dänen.
Egal, hingesetzt, Bierchen geschlürft, gequasselt und gelästert bis zur Umbaupause. Was dann allerdings folgte, war schlimmer als ein Samstagabend mit Florian Silbereisen und Stefan Mross zusammen. Heidevolk stümperten auf die Bühne und brachten in 40 Minuten alles auf den Punkt, für was ich mich in der Heavy-Metal-Szene schäme. Pagan Metal in seiner ganzen ekligen Abartigkeit. Wer hört bitte freiwillig solche als Foltermethode getarnte „Musik“? Stampfende Hüpf-Rhythmen, miserabler Klargesang, die Ein-Finger-Keyboard-Technik in Perfektion, peinliches Outfit und magenumdrehende Mitsing-Refrains – 40 Minuten voller Qualen und Fremdscham auf höchstem Niveau.
Warum solche Bands seit einigen Jahren auf dem Party.San Open Air stattfinden, ist mir ein Rätsel. Hier geht es wohl nur darum, mehr Publikum für das Festival zu gewinnen. Anders lässt sich die Menge der „Mallorca-Touristen-Metaller“ auf dem Festival nicht erklären.
Nach dieser Seelen- und Ohrenvergewaltigung freute ich mich auf Exhumed und ihren Carcass-lastigen Grindcore. Doch die Amerikaner waren wohl nach Bad Berka gefahren und suchten dort nach dem Festival, sodass die Norweger Taake ihren Platz mit Exhumed tauschen mussten. Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, was an den Norwegern so toll sein soll. Für mich spielten Taake schon immer in der 2. Liga des Black Metal – auch auf dem Party.San. Mittelmäßiger Black Metal ohne Herz und Seele, spannungsarme Songs und ödes Songwriting. Zeit, sich zur Fressmeile zu begeben und beim Inder leckere vegetarische Kost zu genießen.
Exhumed schafften es dann doch noch rechtzeitig nach Schlotheim, um ihren Grindcore in die Massen zu ballern. Nur der Sound spielte wieder nicht mit. Ein einziger Klangmatsch dröhnte aus den Boxen und ließ nur erahnen, wie nah Exhumed am Sound der frühen Carcass sind.
Als Nächstes folgten die gehypten Nachtmystium aus den USA. Auch hier erschloss sich mir nicht, was an ihrem Sound so toll sein soll. Gerade die US-Black-Metal-Szene hat so viele erstklassige Bands zu bieten – Nachtmystium gehören mit Sicherheit nicht dazu. Der immer gleiche, nervtötende Keyboardeffekt war extrem penetrant. Wie man spannenden und intelligenten US-Black-Metal spielt, zeigen Bands wie Cobalt, Woe oder Tomb.
Zeit für Hail of Bullets und den sympathischen Martin Van Drunen. Die Holländer um Ausnahme-Drummer Ed Warby sorgten mit ihrem einfachen und rhythmischen Old-School-Death-Metal für eine angenehme Abwechslung. Teilweise lustige, aber auch dämliche Ansagen von Van Drunen sorgten für den einen oder anderen Lacher. Mehr als mittelmäßiger Standard-Death-Metal bot der Sound der Holländer jedoch nicht, aber die Stimmung war trotzdem beachtlich.
Vielleicht lag dies an der nachfolgenden Band, die von vielen Medien und Fans als die Black-Metal-Band der Stunde angesehen wird: Watain. Doch auch hier folgte für mich nur einschläfernder Black Metal, klischeeüberladen bis zum Gehtnichtmehr! Musikalisch so aufregend wie die Hornhaut am Fuß meiner Oma und so böse wie das Killer-Kaninchen aus Monty Python and the Holy Grail! In den nächsten 45 Minuten war Bier trinken, quatschen und lästern angesagt. Unbedeutsamkeit verdient bei mir keine Beachtung.
Bisher hatte jede Band einen ziemlich miserablen Sound. Die Gitarren waren viel zu leise und drucklos, das Schlagzeug viel zu laut, besonders die extrem getriggerte Bassdrum nervte gewaltig, und der überlaute Bass verschlang jede Melodie. Mit einem super Sound konnte man auf dem Party.San noch nie rechnen, aber was dieses Jahr geboten wurde, grenzte an eine Beleidigung.
Überraschenderweise schaffte man es, der deutschen Death-Metal-Legende Morgoth einen passablen Sound zu verpassen. Eigentlich hatte ich nicht viel von Morgoth erwartet, doch nach wenigen Minuten kristallisierte sich das erste Highlight des Samstags heraus. Zum Glück konzentrierten sich Morgoth auf ihre Werke „Resurrection Absurd“, „The Eternal Fall“ und „Cursed“ und hatten somit genügend erstklassige Songs im Gepäck. Besonders der Band-Klassiker „Pits of Utumno“ sorgte für Gänsehautstimmung. Nur der Gesang von Marc Grewe war etwas zu drucklos, und seine Ansagen wurden auf Dauer peinlich. Trotzdem lieferten Morgoth ein beeindruckendes Set ab.
Nun war es Zeit für den ersten Headliner am Samstag: Enslaved, die sich in den letzten 10 Jahren zu einer der eindrucksvollsten Bands der Extrem-Metal-Szene entwickelt haben. Endlich konnte man von einem fast anständigen Sound sprechen, auch wenn die Gitarre von Arve Isdal etwas zu leise war. Super tight und extrem stimmig beherrschten Enslaved die Bühne. Songs wie „Ground“, „Ruun“, „As Fire Swept Clean the Earth“ und „Isa“ zeigten, warum die Norweger zu den anspruchsvollsten Bands der skandinavischen Szene gehören.
Auch der Klassiker „Allfáðr Oðinn“ reihte sich perfekt in das komplexe Songmaterial ein. Zwar hätte ich mir „Slaget I Skogen Bortenfor“ gewünscht, aber man kann nicht alles haben. Nur die Nichtbeachtung des Klassikers „Frost“ und das Fehlen von „Eld“ war enttäuschend. Ein Klassiker wie „Svarte Vidder“ oder „Alfablot“ hätte für noch mehr Abwechslung und Stimmung gesorgt. Trotzdem war Enslaved klar die beste Band des Tages.
Der einsetzende Regen und die Müdigkeit zwangen mich, At The Gates zu verpassen.
Bis auf den gewohnt miserablen Sound, Heidevolk und die Running Order war auch das diesjährige Party.San Open Air wieder ein feines Festival. Nur der Charme von Bad Berka fehlte komplett und konnte in Schlotheim nicht eingefangen werden. Die wirklich sparsame Ausschilderung des Festivals war ebenfalls negativ. Gerade bei einem neuen Gelände sollte so etwas nicht passieren. Die nervige Umleitung tat ihr Übriges. Hier hätte man vom Veranstalter mehr Informationen erwarten können.
Die Anzahl der „Touristen-Besucher“ nimmt jedes Jahr zu, was ich sehr schade finde, denn gerade die familiäre Atmosphäre hat das Party.San jahrelang ausgezeichnet. Wenn man sich wieder mehr auf reinen Death Metal, mehr Grindcore und frischen Black Metal aus dem Underground konzentriert, sollten die Pagan-Weicheier und Wacken-Schädlinge fernbleiben. Aber die Party.San-Crew sieht das wahrscheinlich anders. Wenn es nächstes Jahr noch mehr „Folksmusikantenstadl Metal“ gibt, war dies sicherlich mein letzter Party.San-Besuch. Hoffentlich wird es nicht so weit kommen.