„Even As All Before Us“ ist ein Meisterwerk der Tristesse – ein Album, das inmitten einer eindrucksvollen Ästhetik des Post-Weltuntergangs die Vision einer trostlosen, entmenschlichten Landschaft heraufbeschwört. Es ist ein einzigartiges Werk, das eine beklemmende, fast unbehagliche Stimmung auf subtile Weise ergründet und dabei ein Höchstmaß an Ausdruckskraft und Hingabe erreicht.
Die Besetzung von The Gault ist ein „bunter“ Haufen aus Mitgliedern anderer Underground-Projekte wie Weakling, Amber Asylum und Asunder. Diese vielfältigen Hintergründe spiegeln sich in den unterschiedlichen Einflüssen dieses Werkes wider. Dennoch hat „Even As All Before Us“ eine ganz eigene Klangsprache entwickelt, die sich weder an den düsteren Black Metal-Arrangements von Weakling noch an den neoklassischen Klängen von Amber Asylum orientiert. Die Band bleibt ebenso flüchtig und mysteriös wie die Atmosphäre, die sie in ihrer Musik beschwört. In einer schwer fassbaren, fast zeitlosen Klanglandschaft entfaltet sie ein bedrückendes Bild von Leere, Resignation und der ständigen Bedrohung.
Das Album beginnt wie eine Einladung in eine Welt, die jeden Hoffnungsschimmer konsequent auslöscht und den Hörer von Anfang an mit einer zähen, fast erstickenden Dunkelheit konfrontiert. Die Gitarren wabern in monotonen, schummrigen Wellen und setzen eine träge Schwere frei, die alles einnimmt. Die Musik bewegt sich irgendwo zwischen Darkwave und Doom Metal – eine Synthese, die wie geschaffen scheint, um die unwirtlichen, schattigen Landschaften und die Atmosphäre von „Even As All Before Us“ zu vertiefen. Mit jedem Riff und jedem Beat, der in rhythmischer Trägheit verhalten durch das Werk pocht, verstärkt sich das Bild einer unendlich weiten, unbarmherzigen Landschaft.
Sänger Ed Kunakemakorn steht dabei im Mittelpunkt dieses düsteren Gemäldes – ein Erzähler, der zwischen Schmerz und Resignation taumelt und eine fast flehende Verzweiflung ausdrückt, die unweigerlich auf den Hörer überspringt. In Songs wie ‚County Road, Six Miles In‘ kanalisiert er eine Emotionstiefe, die nicht nur aus Worten besteht, sondern aus einer Art gebrochenem Schrei nach Sinn. Die Spannung, die sich in diesem Stück aufbaut, ist fast greifbar. Eine düstere, dicke Nebelwand aus schwebenden Gitarrenriffs und zermalmender Monotonie entfaltet sich, und man fühlt sich, als würde man langsam in diesen allumfassenden Nebel hineingezogen werden. Der Schmerz, der aus Kunakemakorns Gesang durchdringt, bildet den Kern dieser Musik. Hier wird nichts zurückgehalten – ein Song der Verzweiflung, ohne Maskierung, ohne Beschönigung.
Eine weitere faszinierende Stimme auf dem Album ist Lorraine Rath, deren Gesang einige Stücke ergänzt und eine zusätzliche, tiefgehende Ebene der Beklemmung erzeugt. Ihr Stimmeinsatz hat einen eigentümlichen, furchteinflößenden Klang, der wie ein kalter Hauch über die Musik gleitet und dem Hörer Schauer über den Rücken jagt – irgendwo zwischen Anziehung und Verstörung. In ‚The Shore Becomes The Enemy‘, dem vielleicht wuchtigsten Stück des Albums, treffen ihre geisterhaften Klänge auf Kunakemakorns Verzweiflung. Gemeinsam verstärken sie die Wirkung der tiefen, fast rituellen Gitarrenlinien. Der Song ist ein düsteres Epos, das sich an den schweren Klängen des Stoner Rock orientiert und wie ein leises, bedrohliches Gewitter heraufzieht.
Die instrumentale Struktur des Albums ist in ihrer Schlichtheit ebenso raffiniert wie verstörend. Es sind keine komplizierten, experimentellen Arrangements oder virtuosen Soli, die hier Spannung erzeugen, sondern die präzise gesetzte Langsamkeit und Wiederholung, die sich wie ein immer enger ziehendes Netz über den Hörer legt. The Gault beherrschen das Spiel mit Nuancen. Mal nur ein sanfter Anstieg im Bass, ein fast unhörbares Wabern der Gitarren oder ein nachhallender Beat – doch alles greift ineinander wie ein Getriebe, das unaufhörlich eine Katastrophe heraufbeschwört. Dabei zieht die Band aus ihren Einflüssen einen introspektiven Ansatz, der alle Konventionen ablegt und sich darauf konzentriert, ein Gefühl absoluter Ausweglosigkeit hervorzurufen.
Trotz seiner offensichtlichen Düsterkeit ist „Even As All Before Us“ jedoch nicht bloß ein suhlen in musikalischer Trostlosigkeit. Vielmehr vermittelt es eine gewisse Anmut, ein unerklärliches Gefühl für das Schöne im Verfall, eine Art stille Ehrfurcht vor der Endlichkeit. Diese Mischung aus Resignation und einer leisen, fast poetischen Akzeptanz der eigenen Vergänglichkeit verleiht dem Werk eine Tiefe, die es weit über die Grenzen typischer Doom- oder Düsterromantik hinaushebt.
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