Zwischen 1997 und 1999 wurde die nicht mehr so undergroundige Black-Metal-Szene durch unaushaltbar kitschige Keyboard- und Symphonic-„Black“-Metal-Alben regelrecht überschwemmt. Black Metal wurde zum Massenprodukt – überall wurden Anzeigen geschaltet und jede Menge Werbung gemacht, bis hin zum obligatorischen Video-Clip. In jedem Metal-Magazin räumte man den neuen Bands immer mehr Platz ein. Fast alles, was aus Skandinavien bzw. aus Norwegen kam, wurde mit hohen Noten bewertet, während die Vorreiter-Bands der zweiten Black-Metal-Welle immer weniger Beachtung fanden.
Alles, was ekelhaft klebrig süß, angepasst, glattpoliert und bloß nicht provozierend war, wurde abgefeiert. Bands wie Catamenia, Mystic Circle, Agathodaimon, Dimmu Borgir, Cradle of Filth, Covenant, Bal-Sagoth, Siebenbürgen und Old Man’s Child, um nur die Spitze des Eisbergs zu nennen, waren die neuen Helden und Aushängeschilder dieser Szene. Innerhalb von ein paar Monaten wurde der komplette Mythos der zweiten Black-Metal-Welle von einer bunten Gummibärenbande-Welt weggeschwemmt!
Bands wie Enslaved (Eld, 1997 / Blodhemn, 1998), Darkthrone (Ravishing Grimness, 1999), Gorgoroth (Under the Sign of Hell, 1997), Mayhem (Wolf’s Lair Abyss, 1997), Arcturus (La Masquerade Infernale, 1997) oder Bethlehem (Sardonischer Untergang im Zeichen irreligiöser Darbietung, 1998) wurden in den Metal-Magazinen belächelt und wegen angeblichem Stillstand, mangelnden Melodien und fehlender glattpolierter Produktion kritisiert.
Inmitten dieser Zeitepoche von hirnlosen Kasperproduktionen und angepasstem Teenie-Mädchen-Romantic-Vampir-Gothic-Rosen-Samt-Ekelterror, zündete eine völlig unbekannte kolumbianische Band namens Inquisition die Black-Metal-Wasserstoffbombe. „Into the Infernal Regions of the Ancient Cult“ ist vielleicht das wichtigste Black-Metal-Album der ausklingenden 90er Jahre! Ein Manifest des traditionellen Black Metal, eine Lobpreisung und Huldigung an eine fast untergegangene Szene – die letzte Aufbäumung gegen die Gummibärentrolle und Vampir-Chicks weltweit.
„Into the Infernal Regions of the Ancient Cult“ ist mehr als nur ein Black-Metal-Album – es ist Lebensgefühl, dunkles Elixier und okkulte Kraft. Inquisition haben mit diesem Album den lang ersehnten „Retter“ der Szene geschaffen, ein Werk, das während seiner gesamten Spielzeit gegen den Strich bürstet und in seiner Unangepasstheit und „Kauzigkeit“ weltweit im Underground für einen Siegeszug sorgte.
Die Medien bekamen von dieser Band natürlich gar nichts mit. Später bespuckte man die beiden Kolumbianer mit hilflosen Argumenten und fadenscheinigen Aussagen. Inquisition tourten durch kleine Clubs und avancierten besonders in Deutschland für längere Zeit zur Black-Metal-Band schlechthin.
Inquisition haben sich einen völlig eigenen Sound geschaffen: ungewöhnlich tief gestimmte Gitarren und ein knackiger, natürlicher Drumsound sorgen für einen auf der einen Seite sehr dünnen, aber auch sehr druckvollen Klang. Live verzichten Inquisition komplett auf den Bass, den man auf den Alben ohnehin kaum wahrnimmt – dieser wird durch den ungewöhnlichen Gitarrensound ausgeglichen.
Schon rein instrumental haben sich Inquisition einen eigenen Stil erschaffen, doch da wäre ja noch der Gesang von Dagon. Ein fieser, giftiger Teufelsfrosch aus den kolumbianischen Urwäldern mit Kehlkopfkrebs im Endstadium – so könnte man die Laute von Dagon einigermaßen beschreiben. Völlig einzigartig, völlig kauzig, für viele abschreckend und belustigend, aber eigentlich völlig geil und betörend.
Alle zehn Songs sind kleine Meisterwerke des Black Metal. Unglaublich abwechslungsreich komponiert und bei aller Liebe zum Old-School-Sound mächtig atmosphärisch und melodiereich. Die Tempowechsel werden geschickt eingesetzt, Rasereien mit doomigen Passagen und leicht folklorischen Einflüssen kombiniert. Inquisition halten die gesamten 66:06 Minuten die Spannung aufrecht, kombinieren tonnenschwere Doom-Riffs mit bezaubernden Melodien, rasende Blastbeats mit unerwarteten Breaks und Rhythmuswechseln.
Erstaunlich ist, dass diese Band schon seit 1988 im Underground wütet und bis heute eigentlich kein schwaches Album veröffentlicht hat. Die persönliche Bedeutung und auch die Bedeutung für die Black-Metal-Szene Ende der 90er Jahre sind jedoch besonders auf „Into the Infernal Regions of the Ancient Cult“ einzigartig geblieben.
„Into the Infernal Regions of the Ancient Cult“ ist für die Black-Metal-Szene mindestens genauso wichtig wie „Drachenblut“ und „Blacken the Angel“ für den Einhorn-Pink-Metal.
Hail The Cult!
Dienstag, 4. Oktober 2011
Inquisition - Into the Infernal Regions of the Ancient Cult
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