Samstag, 15. Oktober 2011

Marduk - Those Of The Unlight

Marduk-Those-of-the-Unlight

Schwedens bekannteste und vielleicht auch legendärste Black-Metal-Band Marduk spielte zu Beginn ihrer Karriere kantigen Death Metal, den man bereits auf dem 1991 veröffentlichten Demo „Fuck Me Jesus“ mit fanatischer Hingabe zelebrierte. Das ein Jahr später erschienene Debüt „Dark Endless“ gehört, wie auch Darkthrones erstes Album „Soulside Journey“ (1991), zu den leider wenig beachteten Death-Metal-Alben aus Skandinavien. Beide Alben besitzen eine fantastische schwarze Aura und sind mit einer grandiosen Old-School-Produktion ausgestattet (Tomas Skogsberg war für „Soulside Journey“ verantwortlich und Dan Swanö für „Dark Endless“).

Warum diese beiden Alben in der Geschichte des Death Metal fast immer übergangen werden, bleibt bis heute ein Rätsel.

1993 erschien, nach einigen Besetzungswechseln, das für viele bis heute beste Marduk-Album „Those of the Unlight“, auf dem die Band ruppigen Death Metal mit rasendem Black Metal und jeder Menge erstklassiger Melodien kombinierte. Von der typischen Monotonie und den einschläfernden Knüppelorgien, für die Marduk spätestens mit dem Einstieg von Legion am Gesang auf „Heaven Shall Burn... When We Are Gathered“ 1996 „bekannt“ wurden, ist bis einschließlich des „Opus Nocturne“-Albums von 1994 nichts zu spüren.

Marduk waren bis zum Einstieg von Legion eine eigenständige, hochklassige Black-Metal-Band, die sich auch nicht völlig schwedischen Melodien verweigerte. Auf „Those of the Unlight“ schafften Marduk meiner Meinung nach den besten Spagat zwischen Black Metal und Death Metal und würzten ihre Songs mit fantastischen Melodien. Auch hier war wieder Dan Swanö, diesmal zusammen mit Marduk, für den Sound mitverantwortlich. Der typische frühe Marduk-Sound – natürlich, lebendig, mit viel Hall und jeder Menge Raum für Atmosphäre – war noch weit entfernt von Peter Tägtgrens klinisch toten Produktionen der späteren Marduk-Alben.

Die Songs wirken lebendig, zügellos und doch gebündelt, rau und trotzdem warm. Besonders mit dem sieben Minuten langen Instrumentalstück „Echoes from the Past“ haben Marduk ein ganz besonderes Stück Musik auf dem Album hinterlassen. Ambientartige Klänge, beruhigende Töne und eine große Melodie lassen Marduk für sieben Minuten das komplette Black-Metal-Universum verlassen und tauchen den Hörer in eine tranceartige Gedankenreise. Dem gegenüber stehen Black-Metal-Klassiker wie „Burn My Coffin“, „Wolves“ oder der Titeltrack, die alle mörderische Hooklines besitzen und mit ausgefeilten Rhythmuswechseln begeistern.

Das Drumming von Af Gravf ist zwar nicht so brachial produziert wie das von Fredrik Andersson, besticht jedoch durch mehr Abwechslung und eine stärkere Death-Metal-Schlagseite. Richtig geknüppelt wird eigentlich selten. Auf „Those of the Unlight“ spielen Marduk geschickt mit Melodien, Tempowechseln und einprägsamen Gitarrenriffs. Dabei wird natürlich im hohen Tempo musiziert, von banalen Knüppelorgien der späteren Werke ist man jedoch meilenweit entfernt.

Zusätzlich schaffen Marduk nur auf „Those of the Unlight“ eine ganz spezielle Atmosphäre, die sie auf keinem weiteren Album mehr einfangen konnten. Vielleicht lässt sich das so erklären: „Dark Endless“ bot lupenreinen, schwarzen Death Metal, und „Opus Nocturne“ lupenreinen Black Metal – dazwischen liegt „Those of the Unlight“, das sich bei beiden Elementen bedient. Auch der Gesamtsound von „Those of the Unlight“ erinnert mich stellenweise an Dissections kongeniales Meisterwerk „The Somberlain“, das ein Jahr später erschien und einen fast identischen Sound aufweist.

Leider schafften Marduk es danach nur noch mit dem Nachfolger „Opus Nocturne“, die einstige Qualität, für die die Band am Anfang stand, zu erreichen. Alben wie „Nightwing“ (1998), „Heaven Shall Burn... When We Are Gathered“ (1996) oder „Panzer Division Marduk“ (1999) sind an Langeweile in der Black-Metal-Szene bis heute ungeschlagen. Ausdrucksloses Gekreische, einschläferndes Drumming und immer wieder dasselbe Gitarrenriff, kombiniert mit Tägtgrens zum Haare raufenden, klinisch toten Overlook-Sound, machten Marduk für mich unhörbar, und die Band selbst wurde immer weiter in den Strudel der Lächerlichkeit und Peinlichkeiten gezogen.

Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so drastische Entwicklung konnte man auch bei den norwegischen Black-Metal-Legenden Immortal und Satyricon beobachten. Den jüngeren Fans gefiel der neue Marduk-Sound, und so gehören Marduk auch heute noch zu den wohl bekanntesten Black-Metal-Bands der gesamten Szene. Die kreative Hochphase der Band wird jedoch mit völliger Nichtbeachtung gestraft, sodass Alben wie „Panzer Division Marduk“ oder „World Funeral“ als die Highlights von Marduk gelten.

Ironischerweise wandten sich viele jüngere Fans von der Band ab, als endlich Legion die Band verließ und auch Fredrik Andersson die Sticks an den Nagel hängte. Dass man mit dem neuen Drummer Emil Dragutinovic und besonders mit Sänger Mortuus (kreativer Kopf hinter den grandiosen Funeral Mist) zwei absolute Talente und Ausnahmekönner der Szene gewinnen konnte, interessierte auf einmal nicht mehr. Die Alben „Plague Angel“ (2004) und „Rom 5:12“ (2007) boten wieder lebendigeren Black Metal, der näher an den ersten Alben war, und glänzten mit den besten Gesangsleistungen aller Marduk-Alben.

Aus persönlicher Sicht ziehe ich zwar immer noch das Debüt „Dark Endless“ vor, dennoch ist „Those of the Unlight“ das bis heute prägendste und kompletteste aller Marduk-Alben.

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