Sonntag, 23. Juni 2013

Ulver - Bergtatt - Et Eeventyr I 5 Capitler

Ulver - Bergtatt - Et Eeventyr I 5 Capitler

1995 wurde mit "Bergtatt - Et Eeventyr I 5 Capitler" ein zeitloser Klassiker des norwegischen Black Metal erschaffen – ein Album, das vor Emotionen und einzigartiger Schönheit zu zerbrechen droht und eine Sonderstellung im Black Metal besitzt.

"Bergtatt - Et Eeventyr I 5 Capitler" vereint wunderschöne, verträumte Melodien, hymnische Erhabenheit, glasklare Gesangsepen und rasenden Black Metal zu einem Meisterwerk, das auch heute noch als die wunderbarste Vertonung der norwegischen Landschaft gilt, die der Black Metal hervorgebracht hat.

Das Album wird durch das fast acht Minuten lange "Capitel I: I Troldskog Faren Vild" eröffnet. Schon mit dem ersten Song wird deutlich, dass ULVER mit keiner anderen Band zu vergleichen ist. Im Gegensatz zu den damals aktuellen Veröffentlichungen eröffnet "Bergtatt" mit einer epischen Hymne, die von Garms unverschämt tollem Gesang lebt. Ein Gesang, der so kristallklar und verträumt über den beruhigenden Gitarrenriffs, den singenden Melodien und dem rollenden Schlagzeug schwebt, dass man die Wälder und unberührten Landschaften Norwegens förmlich vor Augen hat.

Keine Blastbeats, keine kalten, sägenden Gitarren und kein Kreischgesang zerstören diesen Moment völliger Erhabenheit und makelloser Schönheit. "Capitel I: I Troldskog Faren Vild" ist einer der schönsten Songs des Heavy Metal aus Norwegen, sowohl in seiner Schlichtheit als auch in seiner Ausstrahlung. Unzählige Bands haben versucht, an diesem Muster anzuknüpfen und sind gescheitert.

"Capitel II: Soelen Gaaer Bag Aase Need" beginnt mit märchenhaften Flöten und sanfter Akustikgitarre, bevor ein inbrünstiger Sturm hereinbricht. Die Kraft, die in diesem Song steckt, ist unfassbar. Blastbeats treiben einen ratternden Bass an, rasende Gitarrenriffs schneiden sich durch Berglandschaften und Garm krächzt mit seinem voluminösen Organ inbrünstig durch verhangene Winterlandschaften. Monumentale Chöre reihen sich in den Sound ein, und Garms wahnsinnige stimmliche Wärme, sowohl im Klar- als auch im Kreischgesang, ist beeindruckend.

Es ist eine faszinierende Gesangsleistung, die auf dem ganzen Album zu finden ist. Garms Stimme, seine Präsenz, seine beruhigende Wirkung und sein ungehaltenes Geschrei machen ihn zum Mittelpunkt des Albums.

Das rohe "Capitel III: Graablick Blev Hun Vaer" beginnt mit einem klebrigen Basslauf und infernalischem Gekreische. Schrammelnde Gitarrenriffs und der stimmungsvolle Mittelteil, der mit einer Akustikgitarre und Geräuschen aus der Natur eingeleitet wird, erzeugen eine unvergessliche Atmosphäre. Es folgt eine mystische Ruhe, unterbrochen von einem plötzlichen Klavier-Einsatz, der sich zu einem kraftvollen Ende steigert.

Das verträumte "Capitel IV: Een Stemme Locker" bringt mit wunderbarer Akustikgitarre, nebelhaftem Gesang von Garm und einem Frauengesang aus der Ferne einen Ruhepunkt ins Album. Es bereitet den Weg für das letzte und vielleicht intensivste Kapitel des Albums.

"Capitel V: Bergtatt - Ind I Fjeldkamrene" ist für mich schlichtweg der beste Black Metal Song, den Skandinavien jemals hervorgebracht hat. Das Anfangsriff, das ruppige Schlagzeug und Garms markerschütternder Schrei sind ein Heiligtum. Die unterschwelligen Akustikgitarren, die Bassspitzen und Garms ausdrucksstarker Gesang schaffen eine Intensität, die ihresgleichen sucht.

Ein märchenhafter Break bringt Stille und Frieden, bevor sich die Spannung erneut aufbaut. Die Gitarre sticht hervor, Flöten lassen alles einstürzen, und das Schlagzeug peitscht unaufhaltsam, während Garm zu wahrer Größe aufläuft. Dieser Moment ist der erhabenste und schönste Moment der gesamten 2. Black Metal Welle – ein Höhepunkt, der jedes Mal aufs Neue berührt.

Das Schönste an "Bergtatt" ist seine Schlichtheit. Es bedient keine Klischees der Szene, besitzt keinen markanten Schriftzug, kein "anstößiges" Cover, und mit seinen 34 Minuten ist es so intensiv und perfekt ausbalanciert wie kaum ein anderes Album im Black Metal.

"Bergtatt - Et Eeventyr I 5 Capitler" ist nicht nur eines der drei besten "klassischen" Black Metal Werke aller Zeiten, sondern auch eines der wichtigsten und wunderbarsten Alben in meiner "Laufbahn" als Musikfan. Und an manchen Tagen gibt es kein besseres Album – für 34 Minuten ist es das beste Stück Musik, das man nie wieder missen möchte!

Mayhem - De Mysteriis Dom Sathanas

Mayhem - De Mysteriis Dom Sathanas 

In den Grieghallen Studios wurden unzählige Klassiker des norwegischen Black Metal produziert, aber kein Album besaß weder davor noch danach diesen unnachahmlichen, schwammig-klaren Kellersound wie der wohl umstrittenste Klassiker der 2. Black Metal Welle. Bei keinem anderen Album wurde der Sound von Eirik Hundvin aka Pytten so extravagant und stimmig als zusätzliches Instrument integriert.

De Mysteriis Dom Sathanas wirkt nicht nur durch die extrem finstere und wütende Grundstimmung der Songs, sondern lebt auch von dem (für damalige Verhältnisse) klaren und druckvollen Sound, der in Verbindung mit der Musik und dem eigenwilligen Gesang von Attila Csihar auf diesem Album so herausragend ist. De Mysteriis Dom Sathanas gehört meiner Meinung nach bis heute zu den drei herausragendsten Vertretern des klassischen Black Metal der 90er Jahre.

Wie kann man den Sound am besten beschreiben? Ich denke immer an eine uralte Kathedrale mit abgenutztem Steinwerk, modrigem Geruch von kalter Feuchte in den Wänden, meterdickes Moos und massenweise Verzierungen und Merkmale der Gotik. Und unter dieser Kathedrale, in der Krypta, wurde dieses Album produziert. Irgendwie so.

Das Album wird direkt mit einem Knall eröffnet. Funeral Fog dröhnt direkt auf den Punkt zu. Es fällt sofort auf, dass die Riffs von Euronymous erstklassig ins Zentrum des Sounds integriert wurden. Wie eine geölte, aber rostige Säge fressen sich die barbarischen Riffs durch den Sound und werden wie bei keiner anderen Band so kongenial von einem Meisterdrummer dirigiert.

Und dann der erste Moment, in dem Attila sein Organ erhebt. Spätestens hier scheiden sich die Geister. Bei keinem anderen Black Metal Album wird so viel über den Gesang gestritten wie bei De Mysteriis Dom Sathanas. Dabei muss doch jedem klar sein, dass man es hier mit der originellsten Gesangsdarbietung zu tun hat, die der Black Metal jemals hervorgebracht hat.

Attila knurrt sich wie ein wildes Tier durch die acht Klassiker auf dem Album. Kein typischer Kreischgesang, sondern simples und hocheffektives Vibrieren der Stimmbänder, gepaart mit einem ungarischen Charme. Es sollte bereits klar sein, dass man es hier mit einem wahren Meisterwerk zu tun hat. Und mit Freezing Moon folgt direkt der zweite große Klassiker einer ganzen Szene.

Eine unheimliche Stimmung wird aufgebaut: schräge Riffs, punktgenaues Uhrwerk-Drumming, ein röhrender Bass und dann der Wechsel in die kontrollierte Zerstörung. Dazu diese fürchterlich gruftige Stimme von Attila, tief aus der vereiterten Kehle gepresst. Dieser wahnwitzige, schleppende Mittelteil mit dem nervtötenden Riff, das sich wie eine Decke aus schwarzer Lava über alles legt. Hellhammers grandiose Breaks und dann wieder dieses Organ von Attila:

"It's night again
Night you beautiful
I please my hunger
On living humans
Night of hunger
Follow its call
Follow the freezing moon...
Darkness is growing
Eternity opens
The cemetery lights up again
As in ancient times
Fallen souls die behind my steps
By following the freezing moon..."

Neben all den großen Momenten ist es besonders das Drumming von Hellhammer, das unbedingt erwähnt werden muss. Der Typ mag ein schwieriger Charakter sein, aber in seinem Fach ist er ein großer Meister. Für mich ist er einer der besten Extrem-Drummer mit einer einzigartigen Spielweise und Technik. Das hört und spürt man auf dem Album in jeder Sekunde. Der Schlagzeugsound wurde ebenfalls perfekt und lebendig in Szene gesetzt. MAYHEM knüppeln sich nicht stur durch die Songs, sondern spielen mit massenweise Breaks, Takt- und Tempowechseln sowie dem Wechsel zwischen extrem zähen und stürmischen Passagen.

Soundtechnisch gehört De Mysteriis Dom Sathanas zur absoluten Referenz im Black Metal. Auch wenn sich die Songs, abgesehen von Funeral Fog und Freezing Moon, nicht sofort erschließen, weil die Songstrukturen teilweise recht wirr und chaotisch erscheinen, brodelt im Hintergrund eine Ideenfülle: kleine pechschwarze Melodien, raffinierte Gitarrenriffs und pure Gewalt.

MAYHEM haben mit diesem Album ein Unikat erschaffen, das vor Finsternis überquillt und eine unheimliche Stimmung einfängt, die bis heute beispiellos ist. Mit dem Titelsong hat man eine Monstergänsehautnummer erschaffen, die alles bietet, was das Album ausmacht: eine teuflische Gesangsdarbietung, monströse Bassläufe, hypnotische Gitarrenriffs und überwältigende Schlagzeugarbeit.

Weitere Worte bedarf dieses Meisterwerk nicht. Es ist in allen Belangen perfekt und klingt auch 2013 noch zeitlos.

Darkthrone - Under A Funeral Moon

Darkthrone - Under A Funeral Moon

Stellt euch vor, ihr wacht in einem völlig lichtlosen, komplett dunklen Raum auf. Enge, nur Beton, schmale Gänge und ein altes, verrostetes Eisenrohr sind das Einzige, an dem ihr euch blind "orientieren" könnt. Eure Hände benötigt ihr, um euch an den feuchten, schleimigen Wänden entlangzutasten. Eure Füße bringen euch in einer Minute 5 cm voran. Da bleibt nur noch eine Möglichkeit: Ihr müsst mit euren vorderen Schneidezähnen, oben wie unten, auf das Rohr beißen und dem Eisenrohr mit fest zusammengebissenen Zähnen folgen – oder halt schaben.

Könnt ihr mir folgen? Nein? Alle anderen: Augen zu und durch!

Entwickelt ihr auch immer Gegendruck, wenn ihr beim Zahnarzt auf dem Stuhl sitzt und der Bohrer mit seiner Spitze am Nerv lustige Spielchen treibt? Habt ihr danach auch immer Lust, sofort in eine schöne, große Portion Zitroneneis zu beißen? Kennt ihr das, wenn man sich den Fingernagel einreißt und dann ständig an den Klamotten hängen bleibt, und nirgendwo hat man eine Nagelfeile parat?

Stört es euch, wenn ihr beim Einkaufen an der Kasse steht, die Ware schon aufs Band gelegt habt, und vor euch schüttet eine ältere Dame ihr Portemonnaie vor der Kassiererin aus (kein einziges silbernes Stück dabei!) und sagt: „Schauen Sie mal, ob es reicht!“ – und dann fehlen 8 Cent bei einem Betrag von 41,23 €, woraufhin erst ein 50-Euro-Schein gezückt wird?

Habt ihr auch schon mal mit dem Gedanken gespielt, wenn ihr nach dem Einkaufen beim örtlichen Netto den Einkaufswagen in die Reihe schiebt, die Handinnenflächen abzulecken und dann abzuwarten, was passiert?

Wurdet ihr in der Schule gezwungen, mit den Fingernägeln an der Wandtafel herumzukratzen? Was ist schlimmer, als früh am Morgen im Winter bei -27°C zu versuchen, die Autoscheibe freizukratzen, die von außen UND von innen vereist ist? Anschließend mit 8 km/h und einem Loch, so groß wie ein 50-Cent-Stück, das man sich mühsam freigehaucht hat, zur Arbeit zu fahren und sogar von Radfahrern überholt zu werden? Freut ihr euch dann auch immer, wenn ihr auf das Firmengelände fahrt und endlich die Heizung lauwarm wird?

Kennt ihr die Schmerzen, wenn man im Hochsommer am frühen Morgen völlig nackt aufspringt, sich die Schlüpfer spart, direkt die Hose anzieht und dann, wie gewohnt, hastig den Reißverschluss hochzieht – und dabei Kraushaare UND Geschlechtsteil eingeklemmt werden, was Schmerzen verursacht, die selbst in Stalingrad keiner kannte?

Wie sieht es mit Einkaufszentren aus? Man(n) hat nur ein Ziel: Media Markt oder Saturn (das Weibchen wird vorher direkt an einem Unterwäscheladen vorbeigeführt, um dann in aller Ruhe den maskulinen Trieben nachzugehen). Der Weg dauert Stunden, weil vor einem Familien mit sechs Kindern – alle mit Eistüten, Pommes, Handtaschen, Einkaufstüten und Kinderwagen beladen – herumvegetieren. Man kommt nicht vorbei, tritt dabei (unfreiwillig) einem Kind gegen das Schienbein, und durch das Gezeter der Mutter wird alle Aufmerksamkeit auf einen gelenkt. Man muss so tun, als ob es nicht Absicht war.

Dann endlich, nach einer Stunde und zwanzig Minuten, betritt man die CD/DVD/PC-Spiele-Abteilung (in dieser Reihenfolge) und beginnt bei A. Bei AC/DC angekommen, steht auch schon das Weibchen neben einem und meckert herum: „Wie lange willst du denn noch nach CDs schauen???“ (Die drei Fragezeichen sollen die Laune des Weibchens besser darstellen!) Mann hat schließlich Hunger, und ein Eis wäre jetzt auch toll! Man hatte ja eine ganze Stunde und dreißig Minuten Zeit, sich etwas zu suchen!

Die Tragik ist nicht einmal, dass man notdürftig nach einem Preisknaller in der oberen Reihe greift und das letzte Amon Amarth-Album stolz beim Verlassen des Einkaufszentrums sofort im nächsten Mülleimer versenkt.

Flucht ihr auch immer, wenn ihr zu eurer Lieblingsseite surft, euch schön einen runterholt und beim finalen Schuss keine Taschentücher oder wenigstens eine alte Socke in der Nähe liegen habt – und es IMMER wieder passiert?

Ekelt ihr euch auch vor Gemeinschaftstoiletten, wenn ihr dringend groß müsst und kurz vorm Platzen auf die Toilette zustürmt? Alle lachen euch schon aus, die euch auf dem Weg begegnen, und dann wechselt das Schloss der Toilettentür von rot auf grün, genau in dem Moment, als ihr ankommt – und euch der Kollege mit der Halbglatze beim Öffnen der Tür mit einem glückseligen Lächeln ansieht. Warme Klobrille, Arschschweißabdruck inklusive festgestanzter Arschhaare, die sich über 40 Minuten gebildet haben, ein Klima wie im Regenwald und nur noch zwei Blatt Klopapier auf der Rolle – was soll man machen?

Kennt ihr Gartenpartys, bei denen die ganze Nacht in der Woche Böhse Onkelz-Lieder völlig falsch und immer in der gleichen Tonlage mitgegrölt werden? Immer die gleichen Lieder: „Wir sind ungebildete Jungs, unsere Tussis können sich nicht frisier'n, wir wollen dralles oder die Gicht, wir können schlecht buchstabier'n...“

Das ist ja zum Glück alles noch harmlos, aushaltbar und nicht wirklich schlimm. Aber die wirklich schlimmen Dinge möchte ich hier gar nicht erst erwähnen.

Für solche Momente, wenn man dann irgendwann nach Hause kommt und „Under A Funeral Moon“ in die Hot-Sex-Anlage schiebt, auf „Play“ drückt, das Lautstärkerädchen komplett nach rechts dreht und sich nackt auf die Ledercouch setzt – dabei die überragenden Poserfotos auf dem Backcover ansieht – lohnt es sich zu leben! Dann machen in diesem Moment DARKTHRONE alles wieder gut. Dann gibt es nur DIESEN Sound, DIESE Stimme, DIESE Gitarre (bester Gitarrensound aller Zeiten!), DIESE Schepperbude und DIESEN Knarzbass!

Dann ist man sich vollkommen bewusst, dass man gerade von dem besten Black Metal-Album auf Erden geheilt wird – und man selbst der erotischste, glücklichste und schönste Mensch ist, der jemals gelebt hat!

Was Besseres als die Katharsis „Under A Funeral Moon“ als Album sowie der abartig räudige Titelsong gibt es nicht! Und diesen Vorgang betreibe ich nun schon seit 1996. Ich möchte gar nicht wissen, wo ich gelandet wäre, wenn dieses Album nie erschienen wäre.