Sonntag, 23. Juni 2013

Darkthrone - Under A Funeral Moon

Darkthrone - Under A Funeral Moon

Stellt euch vor, ihr wacht in einem völlig lichtlosen, komplett dunklen Raum auf. Enge, nur Beton, schmale Gänge und ein altes, verrostetes Eisenrohr sind das Einzige, an dem ihr euch blind "orientieren" könnt. Eure Hände benötigt ihr, um euch an den feuchten, schleimigen Wänden entlangzutasten. Eure Füße bringen euch in einer Minute 5 cm voran. Da bleibt nur noch eine Möglichkeit: Ihr müsst mit euren vorderen Schneidezähnen, oben wie unten, auf das Rohr beißen und dem Eisenrohr mit fest zusammengebissenen Zähnen folgen – oder halt schaben.

Könnt ihr mir folgen? Nein? Alle anderen: Augen zu und durch!

Entwickelt ihr auch immer Gegendruck, wenn ihr beim Zahnarzt auf dem Stuhl sitzt und der Bohrer mit seiner Spitze am Nerv lustige Spielchen treibt? Habt ihr danach auch immer Lust, sofort in eine schöne, große Portion Zitroneneis zu beißen? Kennt ihr das, wenn man sich den Fingernagel einreißt und dann ständig an den Klamotten hängen bleibt, und nirgendwo hat man eine Nagelfeile parat?

Stört es euch, wenn ihr beim Einkaufen an der Kasse steht, die Ware schon aufs Band gelegt habt, und vor euch schüttet eine ältere Dame ihr Portemonnaie vor der Kassiererin aus (kein einziges silbernes Stück dabei!) und sagt: „Schauen Sie mal, ob es reicht!“ – und dann fehlen 8 Cent bei einem Betrag von 41,23 €, woraufhin erst ein 50-Euro-Schein gezückt wird?

Habt ihr auch schon mal mit dem Gedanken gespielt, wenn ihr nach dem Einkaufen beim örtlichen Netto den Einkaufswagen in die Reihe schiebt, die Handinnenflächen abzulecken und dann abzuwarten, was passiert?

Wurdet ihr in der Schule gezwungen, mit den Fingernägeln an der Wandtafel herumzukratzen? Was ist schlimmer, als früh am Morgen im Winter bei -27°C zu versuchen, die Autoscheibe freizukratzen, die von außen UND von innen vereist ist? Anschließend mit 8 km/h und einem Loch, so groß wie ein 50-Cent-Stück, das man sich mühsam freigehaucht hat, zur Arbeit zu fahren und sogar von Radfahrern überholt zu werden? Freut ihr euch dann auch immer, wenn ihr auf das Firmengelände fahrt und endlich die Heizung lauwarm wird?

Kennt ihr die Schmerzen, wenn man im Hochsommer am frühen Morgen völlig nackt aufspringt, sich die Schlüpfer spart, direkt die Hose anzieht und dann, wie gewohnt, hastig den Reißverschluss hochzieht – und dabei Kraushaare UND Geschlechtsteil eingeklemmt werden, was Schmerzen verursacht, die selbst in Stalingrad keiner kannte?

Wie sieht es mit Einkaufszentren aus? Man(n) hat nur ein Ziel: Media Markt oder Saturn (das Weibchen wird vorher direkt an einem Unterwäscheladen vorbeigeführt, um dann in aller Ruhe den maskulinen Trieben nachzugehen). Der Weg dauert Stunden, weil vor einem Familien mit sechs Kindern – alle mit Eistüten, Pommes, Handtaschen, Einkaufstüten und Kinderwagen beladen – herumvegetieren. Man kommt nicht vorbei, tritt dabei (unfreiwillig) einem Kind gegen das Schienbein, und durch das Gezeter der Mutter wird alle Aufmerksamkeit auf einen gelenkt. Man muss so tun, als ob es nicht Absicht war.

Dann endlich, nach einer Stunde und zwanzig Minuten, betritt man die CD/DVD/PC-Spiele-Abteilung (in dieser Reihenfolge) und beginnt bei A. Bei AC/DC angekommen, steht auch schon das Weibchen neben einem und meckert herum: „Wie lange willst du denn noch nach CDs schauen???“ (Die drei Fragezeichen sollen die Laune des Weibchens besser darstellen!) Mann hat schließlich Hunger, und ein Eis wäre jetzt auch toll! Man hatte ja eine ganze Stunde und dreißig Minuten Zeit, sich etwas zu suchen!

Die Tragik ist nicht einmal, dass man notdürftig nach einem Preisknaller in der oberen Reihe greift und das letzte Amon Amarth-Album stolz beim Verlassen des Einkaufszentrums sofort im nächsten Mülleimer versenkt.

Flucht ihr auch immer, wenn ihr zu eurer Lieblingsseite surft, euch schön einen runterholt und beim finalen Schuss keine Taschentücher oder wenigstens eine alte Socke in der Nähe liegen habt – und es IMMER wieder passiert?

Ekelt ihr euch auch vor Gemeinschaftstoiletten, wenn ihr dringend groß müsst und kurz vorm Platzen auf die Toilette zustürmt? Alle lachen euch schon aus, die euch auf dem Weg begegnen, und dann wechselt das Schloss der Toilettentür von rot auf grün, genau in dem Moment, als ihr ankommt – und euch der Kollege mit der Halbglatze beim Öffnen der Tür mit einem glückseligen Lächeln ansieht. Warme Klobrille, Arschschweißabdruck inklusive festgestanzter Arschhaare, die sich über 40 Minuten gebildet haben, ein Klima wie im Regenwald und nur noch zwei Blatt Klopapier auf der Rolle – was soll man machen?

Kennt ihr Gartenpartys, bei denen die ganze Nacht in der Woche Böhse Onkelz-Lieder völlig falsch und immer in der gleichen Tonlage mitgegrölt werden? Immer die gleichen Lieder: „Wir sind ungebildete Jungs, unsere Tussis können sich nicht frisier'n, wir wollen dralles oder die Gicht, wir können schlecht buchstabier'n...“

Das ist ja zum Glück alles noch harmlos, aushaltbar und nicht wirklich schlimm. Aber die wirklich schlimmen Dinge möchte ich hier gar nicht erst erwähnen.

Für solche Momente, wenn man dann irgendwann nach Hause kommt und „Under A Funeral Moon“ in die Hot-Sex-Anlage schiebt, auf „Play“ drückt, das Lautstärkerädchen komplett nach rechts dreht und sich nackt auf die Ledercouch setzt – dabei die überragenden Poserfotos auf dem Backcover ansieht – lohnt es sich zu leben! Dann machen in diesem Moment DARKTHRONE alles wieder gut. Dann gibt es nur DIESEN Sound, DIESE Stimme, DIESE Gitarre (bester Gitarrensound aller Zeiten!), DIESE Schepperbude und DIESEN Knarzbass!

Dann ist man sich vollkommen bewusst, dass man gerade von dem besten Black Metal-Album auf Erden geheilt wird – und man selbst der erotischste, glücklichste und schönste Mensch ist, der jemals gelebt hat!

Was Besseres als die Katharsis „Under A Funeral Moon“ als Album sowie der abartig räudige Titelsong gibt es nicht! Und diesen Vorgang betreibe ich nun schon seit 1996. Ich möchte gar nicht wissen, wo ich gelandet wäre, wenn dieses Album nie erschienen wäre.

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