Samstag, 23. Juli 2011

A Forest Of Stars - Opportunistic Thieves Of Spring

A-Forest-Of-Stars-Opportunistic-Thieves-Of-Spring


Black Metal aus England war schon immer ein Mauerblümchen, obwohl mit Venom die Urväter des Genres aus diesem Land stammen. Gut, es gibt noch Cradle Of Filth, doch kann man diese nach „Vempire (Or Dark Faerytales In Phallustein)“ nicht mehr dem Black Metal zuordnen. Dann wären da noch Akercocke, die jedoch keinen „reinen“ Black Metal spielen, sowie Hecate Enthroned und der Kirmesverein Bal-Sagoth, die eher für peinliche Momente sorgen. Code hingegen ist keine reinrassige englische Band.

Ein kleiner Lichtblick neben Code und Akercocke waren und sind Grave Miasma, die mit ihrem Necro-Death-Metal den Underground mächtig erschüttern. Aber eine echte Black-Metal-Band im Stil der skandinavischen Szene, der neuen amerikanischen Black-Metal-Welle oder der intellektuellen und spirituellen Szene aus Frankreich hat Mutter England bislang noch nicht hervorgebracht.

Doch irgendwann kommt immer der Wendepunkt, und im Jahr 2010 spuckte die Insel ein Album aus, das in die Galerie der großen monumentalen Kunstwerke der Szene aufgenommen werden muss – Werke wie „Anthems At The Welkin At Dusk“ (Emperor), „OM“ (Negură Bunget), „Dead As Dreams“ (Weakling) und „Fas - Ite, Maledicti, In Ignem Aeternum“ (Deathspell Omega). Dieser perfekt geschliffene Diamant trägt den Namen „Opportunistic Thieves Of Spring“, erschaffen von fünf Künstlern, die es vermögen, Black Metal in die reinste Form von Kunst zu verwandeln. Sie schaffen es sogar, die unantastbare Magie von Negură Bunget's Monument „OM“ einzufangen und diese fast noch intensiver auszuloten.

A Forest Of Stars kamen eigentlich aus dem Nichts. 2007 gegründet, ließen sie bereits 2008 mit „The Corpse of Rebirth“ ein Vorbeben durch die Szene rollen. Doch selbst dieses bereits fabelhafte Kunstwerk ist nur ein laues Lüftchen, das nur Eingeweihte erahnen ließ, dass da etwas ganz Großes unterwegs ist. 2010 erblickte „Opportunistic Thieves Of Spring“ das Licht der immer dunkler werdenden Welt, und seit dem 01.06.2010 steht dieses Werk als Mahnmal im Black Metal – für Bands, die nicht begreifen, dass Black Metal mehr ist als Satan, Hitler, Emo-Quatsch und Hohlbrot-Prahlerei. Black Metal kann musikalisch vielschichtiger, anspruchsvoller, intelligenter und ergreifender sein als jedes andere Genre im Heavy-Metal-Universum!

A Forest Of Stars haben den Black Metal genau da geöffnet, wo er am empfindlichsten ist: beim musikalisch offenen Denken. Was diese Engländer auf „Opportunistic Thieves Of Spring“ verewigt haben, ist nichts weniger als ein vertonter Traum, eine Märchenwelt, in die man gerade in der heutigen Zeit allzu oft eintauchen möchte. Eine Reise in eine fremde Welt, durch dunkle und zugleich wunderschöne Galaxien, die weder schwarz noch weiß sind – die hellen Lichter der Sterne sind zum Greifen nah und doch so weit entfernt.

Für 72 Minuten schaffen es A Forest Of Stars, den Hörer so intensiv gefangen zu nehmen, eine Achterbahnfahrt im Kopf auszulösen, um zu zeigen, was die höchste Form der Kunst, die Musik, alles bewirken kann. Wozu Musik in der Lage ist, wenn man sich ihr völlig hingibt – genauso wie es diese fünf fast überirdisch erscheinenden Künstler auf ihrem Kunstwerk „Opportunistic Thieves Of Spring“ taten. Sie sind eins mit der Musik geworden.

Auf „Opportunistic Thieves Of Spring“ reißt man keine Songs aus dem Gesamtkonzept heraus, um sie zu werten, zu analysieren oder mit anderen Songs zu vergleichen. Ein Werk von Hieronymus Bosch wird auch nicht zerschnitten und jeder Schnipsel einzeln begutachtet – wozu auch, wenn alles perfekt ist? Schon lange hat mich kein Stück Musik mehr so mitgenommen, völlig umschlungen und im Herzen berührt wie „Opportunistic Thieves Of Spring“. Ein fiebrig-psychedelischer Trip in Dimensionen, die nur ganz wenigen musikalischen Werken vorbehalten sind.

Sound, Aufmachung, Image, musikalische Dichte, Songwriting, Gesang und der außergewöhnliche britische Charme – all das hebt dieses Meisterwerk der dunklen Tonkunst in Sphären, die in meiner musikalischen Welt kaum eine Band betreten hat. Das Unmögliche ist eingetreten: England bringt nach Jahren des Schattendaseins im Black Metal eine Band hervor, die es vermag, aus Black Metal und Anspruch eines der mächtigsten Kunstwerke zu formen, die der Black Metal je erlebt hat.

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