Carcass sind eine Legende und zählen neben Napalm Death zu den wohl einflussreichsten Bands für den Grindcore. Die Bedeutung der beiden Alben „Reek Of Putrefaction“ (1988) und „Symphonies Of Sickness“ (1989) lässt sich bis heute nicht abstreiten – ihre Stellung als Klassiker und Wegbereiter im Grindcore ist enorm.
Für viele Fans waren Carcass nach „Symphonies Of Sickness“ bereits „gestorben“, denn den Weg, den die Engländer 1991 mit ihrem Meisterwerk „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ einschlugen, ist für viele bis heute unbegreiflich. Doch gerade die Öffnung des starren Grindcore-Sounds auf „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ macht dieses Überwerk zu einem der zehn besten Death-Metal-Alben, die jemals in Europa entstanden sind!
Carcass gewannen mit Michael Amott (später Arch Enemy, Carnage) einen der talentiertesten Gitarristen – obwohl er eigentlich Engländer ist – und verschmolzen ihren ureigenen Grindcore-Sound mit melodischen, schwedisch-ähnlichen Gitarrenharmonien und einer deftigen Portion klassischen Death Metal. Herausgekommen ist ein absoluter Meilenstein der europäischen Death-Metal-Geschichte, der bis heute einzigartig und revolutionär ist.
Alle acht Songs sind durchkomponierte Death-Metal-Highlights, die sich durch den typischen, kranken Carcass-Sound von den üblichen Death-Metal-Standards abheben. Grindcore, Death Metal, melodische Gitarrenharmonien, elektrisierende Riffs, massenweise Tempowechsel, Groove und schwedische Melodien werden so geschickt und beispielhaft ineinander verwebt, dass bis heute kein einziges Album auch nur ansatzweise an die ehrfürchtige Klasse von „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ herangereicht hat.
Das musikalische Niveau, auf dem Carcass operieren, ist bis heute beängstigend hoch. Jeff Walker's markante „Schweinevocals“ sind bis heute einzigartig und unter Hunderten von Nachahmern sofort zu erkennen. Die musikalische Raffinesse, die Carcass auf „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ zelebrieren, hat bis heute Vorbildfunktion, und die schon erwähnte Klasse der Gitarrenarbeit, insbesondere von Michael Amott, ist immer noch State of the Art.
Hier reihen sich Killer-Riffs an Killer-Riffs, ausgetüftelte Harmonien und Soli paaren sich mit treibendem Schlagzeuggroove, und die geschickt platzierten Breaks und Tempowechsel unterstreichen die kompositorische Klasse von Carcass. Auch die kurzen gesprochenen Intros sorgen für eine eigenständige Atmosphäre, und einen ähnlichen Hit wie „Corporal Jigsore Quandary“ besitzen die wenigsten Death-Metal-Bands.
Gerade dieser Song untermauert die Ausnahmestellung von Carcass und ihrem Meisterwerk „Necroticism – Descanting The Insalubrious“. Einen nicht geringen Anteil an der Klasse dieses Albums hat Meister-Produzent Colin Richardson, der hier wohl eine seiner besten Arbeiten ablieferte und Carcass einen unglaublich voluminösen Sound verpasste. Wie lebendig er allein die Gitarren klingen lässt, ist phänomenal. Alle Harmonien und Melodien sind gleichberechtigt neben den Grindausbrüchen in den Sound integriert, ohne erzwungen in den Mittelpunkt gerückt zu werden.
Auch der Drumsound ist wunderbar differenziert und druckvoll. Der gesamte Sound ist meisterlich in Szene gesetzt und passt hervorragend zum durchdachten Songwriting, das Carcass in dieser Form nie wieder erreichen sollten.
Spätestens nach „Necroticism – Descanting The Insalubrious“ stiegen Carcass zu den Top-Acts der weltweiten Death-Metal-Szene auf und gehörten neben Bolt Thrower und den üblichen Verdächtigen aus Schweden zur europäischen Speerspitze! Mit „Heartwork“ folgte 1993 ein zwiespältiges Album, das dem Grindcore und auch dem klassischen Death Metal weitgehend den Rücken kehrte und stattdessen eine Mischung aus melodischem Death Metal und klassischem Heavy Metal präsentierte – zur Verwirrung vieler Fans.
Auch ich kann mit „Heartwork“ nicht viel anfangen, obwohl die musikalische Klasse – wenn man genau hinsieht, ist es das ausgereifteste Carcass-Album – unbestreitbar ist. Dennoch entfernten sich Carcass immer weiter aus der Death-Metal-Szene.
Was bleibt, ist ein zeitloser Klassiker in der Geschichte des Death Metal, der auch heute noch hunderte Bands beeinflusst und in seiner Vollständigkeit bis heute unerreicht ist!
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