Wer glaubt, Black Metal stamme ausschließlich aus den frostigen Wäldern Norwegens, wird überrascht sein, wenn er auf In Cauda Semper Stat Venenum stößt. Lange bevor die skandinavische Szene mit Corpsepaint und schrillen Gitarren die Bühnen eroberte, erschufen Jacula 1969 in Italien einen Sound, der in seiner düsteren Atmosphäre und okkulten Thematik viel von dem vorwegnimmt, was später das Black-Metal-Genre prägen sollte. Es ist erstaunlich, wie sehr dieses Debüt wie der musikalische Vorbote eines Genres klingt, das zu dieser Zeit noch nicht einmal in den Kinderschuhen steckte.
Jacula präsentieren hier kein gewöhnliches Rock- oder Metal-Album. Stattdessen fühlt es sich an wie ein einziges langgezogenes, schauriges Ritual, das irgendwo zwischen Totenkammern und gotischen Kathedralen zelebriert wird. Orgeln schwingen durch die Stücke wie der kalte Hauch eines alten Geistes, und die minimalistische Instrumentierung - meist auf Orgel, Gitarre und gelegentliche gespenstische Chöre reduziert - schafft eine bedrückende, fast unheimliche Atmosphäre. Es ist, als hätte jemand den Soundtrack zu einem alten Hammer-Horrorfilm genommen und ihn mit noch mehr Dunkelheit und Bedrohlichkeit durchzogen.
Musikalisch wirkt In Cauda Semper Stat Venenum wie der Soundtrack zu einer Séance. Die Orgel ist allgegenwärtig und dominiert das Klangbild, während die Gitarre - rau, verzerrt und unangepasst - nur selten aus den schummrigen Schatten hervortritt. Wenn sie es tut, klingt sie oft wie ein Vorläufer dessen, was Jahrzehnte später als "Black Metal"-Gitarrensound bekannt werden sollte. Dieser primitive, fast rituelle Ansatz könnte manchem Hörer heutzutage seltsam vorkommen, besonders wenn man moderne Metalproduktionen gewohnt ist, die mit klaren, eingängigen Riffs und poliertem Sound überzeugen wollen. Doch Jacula brauchen keine aufdringlichen Gitarrenwände oder effektreiche Synthesizer. Stattdessen setzen sie auf minimalistische, fast hypnotische Strukturen, die weniger durch Melodie als durch Atmosphäre beeindrucken.
Natürlich ist diese reduzierte Herangehensweise nichts für jeden. Es gibt keine frostigen, bösen Melodien, die sich alle paar Sekunden aus den Lautsprechern katapultieren. Keine hektischen Gitarrensalven, die dem Hörer entgegenprasseln. Stattdessen lassen Jacula ihre Kompositionen langsam und bedächtig wirken - fast wie ein altes Ritual, das sich nicht um die Ungeduld des modernen Zuhörers kümmert. Wer sich jedoch auf das Album einlässt, wird in eine fast tranceartige Stimmung versetzt, in der sich die langsame, unaufdringliche Musik wie Nebel in den Geist schleicht.
Der Gesang - oder eher das sporadische Murmeln und Flüstern - verstärkt diese okkulte Atmosphäre nur noch. Es scheint weniger darum zu gehen, konkrete Botschaften zu vermitteln, als vielmehr ein Gefühl des Unbehagens und der Dunkelheit zu erzeugen. Die Texte, sofern man sie überhaupt wahrnimmt, sind mehr Teil der Soundlandschaften als eigenständige Elemente - ähnlich wie das unerklärliche Murmeln einer alten Sprache bei einem Ritual, das weniger verstanden als gefühlt werden soll.
Für moderne Ohren mag In Cauda Semper Stat Venenum wie ein seltsames Artefakt aus einer anderen Zeit wirken - ein Album, das sich weigert, sich den Erwartungen der Rock- oder Metal-Hörer zu beugen und stattdessen auf seine eigentümliche, okkulte Art faszinierend bleibt. Man muss sich darauf einlassen, dass es hier keine schnellen Höhepunkte, keine eingängigen Melodien gibt. Doch wer diesen hypnotischen, unheimlichen Soundtrack für sich entdeckt, wird feststellen, dass Jacula etwas geschaffen haben, das seiner Zeit weit voraus war. Ein Album, das wie ein düsterer Vorbote aus den Tiefen der Geschichte wirkt und einen wichtigen, wenn auch oft übersehenen, Platz im Stammbaum der extremen Musik einnimmt.
Ihr düsterer, ritualistischer Ansatz weist den Weg in eine Zukunft, die Künstler wie Black Sabbath, Coven oder gar die frühen Bathory später weiterentwickeln sollten. Und während In Cauda Semper Stat Venenum vielleicht nie den gleichen Bekanntheitsgrad erreicht hat wie die Meisterwerke dieser Bands, bleibt es doch ein faszinierendes und unvergessenes Stück Musikgeschichte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen