Mittwoch, 28. Mai 2025
16 Horsepower - Secret South
Mit ihrem dritten und eigentlich finalen Album, "Secret South", das zwei Jahre vor dem abschließenden Album "Folklore" erschien, welches aber nur zu 40% aus eigenem Songmaterial bestand, vollzogen 16 Horsepower eine Wendung. Diese führte ihre ohnehin düstere und spirituell aufgeladene Musik in noch tiefere, melancholischere Gewässer. "Secret South" ist weniger von dem treibenden, apokalyptischen Americana geprägt, das ihre früheren Werke wie "Sackcloth 'n' Ashes" auszeichnete. Stattdessen ist es ein aufwühlendes Vordringen in die dunklen Ecken der Seele. Es wird weniger mit Peitschenknall geritten, sondern in einer düsteren Kapelle zurückgezogen morbide Gebete gesprochen.
David Eugene Edwards führt mit seiner eindringlichen Stimme und seiner fast schmerzhaft intensiven Präsenz wie ein Prediger durch die Songs. Seine Texte sind so tief in biblischer Symbolik und Südstaaten-Gotik verwurzelt, dass sie fast wie ein eigenständiges Literaturwerk wirken. 'Splinters', 'Silver Saddle' und 'Cinder Alley' sind ergreifende Verschmelzungen von musikalischem Minimalismus und emotionaler Intensität; es sind Erzählungen, die aufwühlen und erschüttern.
Manilla Road - The Deluge
Alles herhören, alles herhören. Meine Damen und Herren, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! In meiner bescheidenen Eigenschaft als seiner gütigen Magnifi... Magnifizenz, Prinz Shelton, habe ich die Ehre und das Vergnügen zu verkünden, dass ein Naturtier, Verzeihung, ein Turnier stattfinden soll – auf Leben und Tod. Es soll ein Ritter gefunden werden, der das Vaterland von Hungersnot, Pestilenz und Tod befreien soll, die es umgibt. Als Belohnung für die Erlegung des Monsters wird der betreffende Ritter dann von Prinz Shelton persönlich die halbe Hand der Prinzessin Griselda und dazu noch als Beigabe das ganze Königreich als Frau bekommen. Ich korrigiere. Heißen muss es natürlich: Es muss heißen, er wird die Hand des Prinz Shelton und die Hälfte des Reichs der Prinzessin bekommen.
"Crystal Logic", "Open the Gates" und besonders "The Deluge": alle drei Alben = Unerreichter. Premium. Epic Metal.
Mittwoch, 21. Mai 2025
Fischer-Z - Red Skies Over Paradise
Das dritte Werk der britischen New Wave-Band unter der Leitung von John Watts verbindet geschickt eingängige Melodien mit nachdenklichen Texten und zeichnet sich durch Vielschichtigkeit aus, sodass man die Band als "kleinen" Bruder von The Police betrachten könnte (mit denen ich nicht viel anfangen kann).
"Red Skies Over Paradise" spiegelt die gesellschaftlichen und politischen Spannungen seiner Zeit wider. Der Titelsong erzeugt eine unbehagliche Atmosphäre, eine sanfte Melodie untermalt Watts' zynischen Blick auf eine Welt am Rande des nuklearen Abgrunds, während das melancholische Hitmonster 'Marliese' von bittersüßer Nostalgie geprägt ist. Watts thematisiert in seinen Texten soziale und politische Missstände, darunter den Kalten Krieg, Arbeitslosigkeit und die Isolation des Individuums.
Trotz dieser schweren Themen strahlt das Album eine zugängliche Leichtigkeit aus, die Songs sind melodiös, die Rhythmen treibend, und mit dem Einsatz von Synthesizern wird nicht gegeizt, ohne den rohen Charme des New Wave zu verlieren. Die musikalische Vielfalt zeigt sich in tanzbaren Nummern wie 'Cruise Missiles' und nachdenklichen Songs wie 'Berlin'. John Watts' prägnante Stimme und seine Fähigkeit, kluge Geschichten in präzise Texte zu packen, machen das Album auch heute noch wertvoll.
Freitag, 16. Mai 2025
Menace Ruine - The Die Is Cast
Es ist ein wahnsinniges Unterfangen, sich "The Die Is Cast" zu nähern, ohne vor einem monumentalen Klanggebilde zu stehen, das einen sofort in seinen Bann zieht. Menace Ruine, das avantgardistische Chaos-Duo aus Kanada, hat auf diesem 2008 veröffentlichten Album sämtliche eigenen musikalischen Grenzen niedergerissen. Ein Werk, das sich in keine herkömmliche Schublade pressen lässt. Stattdessen nutzt es seine erdrückende Schwere als Fundament, um in einem wuchtigen Klangstrudel aus Drone Doom und Neofolk zu verschwinden. Menace Ruine beweisen hier nicht nur die Kunst einer einzigartigen musikalischen Verschmelzung, sondern entführen in die sinnliche, zerstörerische Gewalt dieses Klanguniversums.
'One Too Many' – der erste Schlag trifft mit seinem unorthodoxen Ansatz. Zwei schillernd-irre Töne, zwei Trommeln wie aus einer apokalyptischen Aufführung der Carmina Burana, verdichten sich zu einem Klangteppich harmonischer Elemente und entfalten sich in epischer Langsamkeit. Und dann: Stille – diese andere Art von Stille, die einen nicht zur Ruhe kommen lässt.
Der Song kriecht mit zerschlagenen Knien und schleift sein Gesicht durch die Asche, die der zermürbende und verstörende noisige Black Metal-Vorgänger "Cult of Ruins" hinterlassen hat. Sängerin Geneviève steht wie ein Medium vorne, das weiß, dass hier niemand lebend herauskommt – und dass dieses Album keinen bequemen Zugang bietet. Stattdessen zwingt einen die hypnotische Monotonie, die Schwere der Töne und der zermalmende Rhythmus, sich auf die verstörende Schlichtheit einzulassen und jeden Klangimpuls wie eine kalte Umarmung aufzusaugen.
"The Die Is Cast" ist keine normale Weiterentwicklung; was hier passiert, ist Mutation unter Schmerzen. Wo "Cult of Ruins" noch in der akustisch schmerzverzerrten Höllenkiste des Black Metal gewühlt hat, legt "The Die Is Cast" plötzlich eine Klangtapete aus, die aussieht wie der endlose Flur einer brennenden Burgkapelle. Drone Doom. Aber auch Folk. Und Mittelalter. Und Sterben. Und irgendetwas, das man vermutlich in keinem Genre unterbringen kann, ohne nervös zu werden. Dieses Album vereint Elemente, die eigentlich in völligem Widerspruch zueinanderstehen – die archaische Direktheit mittelalterlichen Neofolks und die stählerne, kühle Unermüdlichkeit von Drone Doom – und verschmilzt sie zu einer einzigartigen musikalischen Existenz. Lisa Gerrard kuschelt sich in einen Verstärker von Boris. Oder so. *g*
Das Duo spielt auf dem Album nicht nur Instrumente – es verwendet sie. Als Sprache, als Drohung, als Versprechen. Besonders dann, wenn Geneviève singt – wobei es eher einer Beschwörung gleicht, einem melancholischen Sirenensignal. Und diesmal hat sie mehr Raum als auf dem Vorgänger. Viel mehr.
Sie schwebt über den Songs wie Nebel über einem alten Schlachtfeld – oder trägt sie gleich ganz allein. Genevièves Stimme gleitet wie eine rastlose, müde Seele über melancholischen Ruinen; eine uralte Beschwörung, die in eine fremde, erschütternde Welt entführt. Ihre Intonation von Trauer und Resignation beklagt den ewigen Untergang der Menschheit.
Und dann gibt es auch ein "The Bosom of the Earth". 17 Minuten Gänsehaut, Zerstörung, Entrückung. Eine Black Metal-Monolith-Ballade, die sich wie ein Tornado aus aufgeschichteten Tönen und Melodiefetzen steigert – in der alles irgendwie gleichzeitig passiert, und gleichzeitig gar nichts.
Musik, die nicht erzählt, sich nicht erklärt, sondern einfach überrollt. Nach fast drei Minuten explodieren plötzlich Drums aus dem Noise-Teppich, als kämen sie aus einer Parallelrealität. Der Song entfaltet sich zu einem Gewitter, das nicht weiß, ob es einen grillen oder erlösen will. Nach knapp zehn Minuten bleibt nur noch Rauschen übrig. Kein Song mehr. Nur Wind. Und irgendwo singt Geneviève – ganz leise, ganz hinten. Wie ein Lichtschein, der es noch einmal versucht, obwohl in der düsteren Abgeschiedenheit einer ausgelöschten, stillen Welt alles längst verbrannt ist.
Hier zeigt sich die faszinierende Art von Menace Ruine, Naturgewalten auf eine Weise in den Dienst des Sounds zu stellen, die keinen Widerstand duldet.
"The Die Is Cast" ist ein wunderschöner Tinnitus, der mit einem Lächeln im Gesicht daherkommt – ein Gebirge von einem Album. Je näher man herantritt, desto weniger möchte man es erklimmen – man will einfach nur davorstehen und begreifen, wie groß das alles ist.
Menace Ruine zeigen hier, dass Black Metal und seine Abarten nach 1999 keine Entschuldigung für Einfallslosigkeit sein müssen. Dass Musik nicht "zeitgemäß" sein muss, wenn sie stattdessen zeitvergessend sein kann. Und dass man manchmal nur zwei Töne braucht, um sich das Fundament aus der Seele zu bomben.
Dienstag, 13. Mai 2025
Grobschnitt - Solar Music Live
Wenn es ein Live-Album gibt, das den Geist des Progressive Rock und die deutsche Kreativität der Siebziger perfekt einfängt, dann ist es für mich "Solar Music – Live" von Grobschnitt. Aufgenommen während ihrer legendären Auftritte, ist dieses Album eine surreale Reise in fremde Dimensionen. Es führt in die eigenartigen, bodenlosen musikalischen Improvisationen der Band und gleicht eher einem epischen Erlebnis.
Der Kern des Albums ist die überlange Suite 'Solar Music', sphärische Synthesizer-Klänge, wilde, energetische Explosionen von Gitarrenriffs, emotional getriebene Gitarrensoli von Weltruhm und ein alles umhüllender Groove.
Die Band erkundet in diesem Werk die Grenzen ihrer Kompositionen, ohne jemals den roten Faden zu verlieren. Es gibt Momente purer Ekstase, in denen die Musik nahezu außer Kontrolle zu geraten scheint, nur um sich dann wieder in harmonische Melodien und hypnotische Rhythmen zu fügen.
Lupos virtuoses Gitarrenspiel, geprägt von kraftvollen Riffs und emotionalen Soli, sowie Mists vielseitiges Keyboardspiel, das von sphärischen Klängen bis hin zu komplexen Melodien reicht, sind außergewöhnliche Darbietungen, die in ihrer Intensität und Dynamik für die damalige Zeit beispiellos waren.
Die begeisterten Reaktionen des Publikums, die scheinbar endlosen Klanglandschaften und die pure Spielfreude der Band schaffen eine Magie, die in der Studioaufnahme kaum einzufangen wäre; die Live-Atmosphäre ist ständig spürbar. Hinzu kommen kleine, humorvolle Einlagen der Band, die den Charakter von Grobschnitt als energiegeladene, charmante Bühnenkünstler unterstreichen. Ein Pflichtwerk für die grenzenlose Kreativität dieser Ära.
Samstag, 10. Mai 2025
Blondie - Eat To The Beat
Eine echte Attraktion der New Wave-Ära, die künstlerische Vielseitigkeit und kompromisslose Eingängigkeit vereint. "Eat To The Beat" wird nicht nur von der ikonischen Präsenz Debbie Harrys getragen, sondern auch von der Fähigkeit der Band, verschiedene Genres zu umarmen und dennoch homogen zu klingen. Mit dem eröffnenden 'Dreaming' rotzt die mittlerweile extrem selbstbewusste Band elegant ein grandioses Powerpop-Meisterwerk voller Punkrock-Energie und unwiderstehlicher Melodien auf den Bürgersteig vor dem Discotempel, das besonders durch Clem Burkes legendäres Schlagzeugspiel herausragt. Blondie bewegen sich auf ihrem Meisterwerk nahtlos zwischen funky Grooves ('The Hardest Part'), hymnischen Ausflügen ('Union City Blue') und synth-geschwängertem Disco-Rock, wie im zweiten legendären Song 'Atomic'.
Die Band lässt sich durch ihre enorme Vielfalt, die voller subtiler Details steckt und immer wieder neue Facetten zeigt, in keine Schublade stecken; der glatte, aber nicht sterile Sound, der ständig neue Nuancen offenbart, fängt die Dynamik der Band perfekt ein. "Eat To The Beat" transportiert viel Nostalgie und klingt zugleich zeitlos, eine brillante Mischung aus Pop-Empfindlichkeit, experimenteller Lust und der rauen Energie des späten 70er Punk.
Donnerstag, 8. Mai 2025
Rudimentary Peni - Death Church
Das Album ist eine klaustrophobische und erschütternde Tour durch die Abgründe des menschlichen Daseins, angetrieben von nihilistischem Zynismus, bizarrer Poesie und einer musikalischen Wut, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Ein musikalisches und lyrisches Feuerwerk, das bis heute in den düsteren Ecken des Anarcho-Punk nachhallt und einen apokalyptischen Charakter offenbart. Ein Ausbruch aus schroffen Gitarren, lärmendem Bass und wahnsinnigem, predigendem Gesang. Nick Blinko, der Frontmann und kreative Kopf der Band, liefert eine surreale Performance, bei der jedes Wort wie ein Mantra aus Verzweiflung und Abscheu wirkt. Seine Stimme klingt mal wie ein wütender Prophet, mal wie ein verlorener Geist, oft sogar wie beides zugleich. Die Songs sind sehr kurz, schneidend und unnachgiebig; sie wechseln zwischen treibendem Hardcore-Punk und bizarren, psychedelischen Momenten, in denen die Band eindrucksvoll ihre Fähigkeit zur Verdichtung von Chaos und Melodie demonstriert. Ein seltsam morbides Werk, voller grotesker Bilder, gesellschaftskritischer Spitzen und beklemmender Faszination, das als unheimlicher musikalischer Albtraum aus den Tiefen der Achtzigerjahre emporsteigt.
Sonntag, 4. Mai 2025
Wire - 154
"154" ist das Album, auf das Wire wohl schon immer hingearbeitet haben, ein Meisterwerk der Post Punk-Bewegung, das eine kühle, abweisende Schönheit in Klang und Konzept entfaltet und als eines der visionärsten Alben dieser Ära gilt. Für viele mögen die kantige Energie von "Pink Flag" oder die Experimentierfreude von "Chairs Missing" die prägenden Meilensteine sein, doch "154" veredelt alle ungeschliffenen Ideen seiner Vorgänger und präsentiert sich in einem makellos gegossenen, erschreckend klaren Klangbild. Die Songs wirken wie ein kaltes, reflektierendes Prisma, das die inneren Spannungen und das kreative Unbehagen der Band in einer unterkühlten, metallischen und gleichzeitig zutiefst melancholischen Atmosphäre einfängt.
Dieses Album ist nicht bloß der dritte Streich einer einst als Amateur-Provokation gestarteten Band; es ist eine glasklare, schillernde Antithese zur ursprünglich wilden, ungebändigten Punk-Bewegung, die 1979 in Wires Händen zu einem ganz neuen Ausdruck reift.
Wires Entwicklung ist auf "154" nicht nur hör-, sondern spürbar. Die "Dilettanten" von "Pink Flag", die als primitive Punk-Splitter mit krachenden Rhythmen und sägenden Gitarren begannen, sind nun zu architektonischen Meistern gereift, die eine klangliche Welt entworfen haben, in der jedes Element gezielt platziert ist. Mit "154" heben sich Wire endgültig von ihren Anfängen und der Punk-Szene ab und schaffen ein kaleidoskopisches Werk voller Widersprüche und Dissonanzen, das die Ästhetik des Post Punk neu definiert.
Der Opener 'I Should Have Known Better' begrüßt einen nicht mit der erwarteten punkigen Rohheit, sondern mit flächigen, ambienhaften Keyboard-Sounds und Colin Newmans vokaler Melancholie, die durch eine gefühlte Glaswand dringt. Dieser Song eröffnet eine kalte, zerbrechliche Welt, die wie aus Stahl und Glas geschmiedet scheint, und doch ist sie so unaufhaltsam eindringlich. Die kantigen Gitarrenriffs, die früher so charakteristisch für Wire waren, haben sich hier in hypnotische, mechanische Strukturen verwandelt, die durch Synthesizer ergänzt werden und eine leblose, futuristische Ästhetik erzeugen. Und gleich danach schmettert 'Two People In A Room' wie ein vertrauter Ankerpunkt zurück zur Unmittelbarkeit, nur um einen umso deutlicher in die entseelte, künstlich wirkende Soundlandschaft zurückzuwerfen, die dem Album seine einzigartige Stimmung verleiht.
Das Album lebt von Kontrasten und extremen Facetten. Die Pop-Anklänge sind messerscharf und minimalistisch. Songs wie 'The 15th' erscheinen als perfekte Fusion von Post Punk und düsterem Pop, die mit frostiger Mechanik und surrealer Distanz ein futuristisches Gefühl erzeugen. "154" entfaltet sich in seltsamer Kühle, die dennoch emotional überwältigt, wie eine Post Punk-Oper, in der die Gitarren niemals in den Vordergrund drängen, sondern atmosphärisch im Hintergrund pulsieren und treiben. Die einst unverkennbar schroffen Riffs der Band wurden hier durch flächige, synkopierte Sounds ersetzt, die fast unmerklich eine Spannung erzeugen, die Songs wie 'A Touching Display' und 'A Mutual Friend' zu hypnotischen Klangexperimenten verdichtet. In diesen Songs scheinen Wire eine Vision von Anti-Utopie zu entfalten: eine bedrückende Welt, die in all ihrer Kühle niemals aufhört, eine dunkle, beinahe schön-schaurige Poesie auszustrahlen.
Man merkt, dass die Band sich klanglich nicht mehr mit spielerischen, spontanen Ideen abgibt, alles an "154" wirkt durchdacht und kalkuliert, wie ein sorgfältig geplantes, wenn auch beängstigendes Monument. Elektronische und akustische Elemente bilden eine perfekte Symbiose, die den Fluss der Platte zu keinem Zeitpunkt stört. "154" entfaltet seine Klanglandschaften wie eine bleierne, stille Apokalypse. Die Atmosphäre des Albums ist so dicht und allumfassend, dass sie physisch spürbar wird. "154" klingt, als wäre es in einem Raum erschaffen worden, dessen Wände aus kaltem, unnachgiebigem Stahl bestehen, in dem die Zeit stillsteht und nur die Musik selbst als Lebenszeichen existiert. Diese sterile, kalte Eleganz verleiht dem Album seine Zeitlosigkeit und macht es auf monumentale Weise bemerkenswert.
Die düstere Krönung des Albums ist 'A Touching Display'. In diesem fast siebenminütigen Epos steigert sich die Band in eine Vertonung der dunklen Zukunftsvisionen, die dem Album innewohnen. Die hypnotische Wiederholung und der dröhnende, fast erdrückende Sound erzeugen eine beklemmende Atmosphäre, die einen Blick in eine apokalyptische, entfremdete Welt eröffnet. Die Idee einer "berührenden Inszenierung" verwandelt sich in eine verzerrte Zukunftsvision, die tief in das Unbehagen der Post Punk-Ära greift und gleichzeitig einen Vorgriff auf die kommende Gothic-Ästhetik darstellt.
Wer die frühen Jahre der Post Punk-Bewegung verstehen möchte, findet in "154" ein unverzichtbares Kapitel. Es zeigt eine Band, die entschlossen ist, ihre Grenzen bis zum Äußersten auszuloten, und dabei ein Werk schafft, das in seiner visionären Kraft selbst heute noch erschüttert und fasziniert.
"154" fängt Wires evolutionäre Reise zur künstlerischen Reife ein und zählt somit zu den wichtigsten Platten des Post Punk. Es ist sperrig, geschickt, einnehmend und unbarmherzig in seiner Detailverliebtheit. Hier sind Punk und Post Punk nicht nur musikalische Richtungen, sondern ein Raum, ein Ort, an dem Schönheit und Kälte aufeinandertreffen und eine neue, unbekannte Schwere erzeugen. Mit "154" haben Wire ein Album geschaffen, das die Bewegung nicht nur weiterentwickelte, sondern das Genre in eine neue, bisher unentdeckte Dimension führte.
Samstag, 3. Mai 2025
Titan Force - Titan Force
Das selbstbetitelte Debütalbum von Titan Force gilt bis heute als ein unterschätztes Meisterwerk des späten US Metal, das sich durch eine faszinierende Mischung aus Power Metal und progressiven Elementen auszeichnet. Doch was dieses Album besonders herausstechen lässt, ist die überragende Gesangsleistung von Harry Conklin. Conklin liefert hier eine gesangliche Darbietung ab, die selbst unter den zahlreichen Glanzmomenten seiner Karriere hervorsticht. Die Band setzt weniger auf die wuchtige, aggressive Geschwindigkeit, die viele ihrer Zeitgenossen prägt, sondern konzentriert sich auf komplexe Songstrukturen, melodische Raffinesse und ein intensives musikalisches Zusammenspiel. Ein weiteres Unikum auf dem Album ist der Sound. Kann ich bis heute nicht anständig beschreiben, klingt aber wie ein Traum, besonders diese schwebenden Gitarren und dieser raumfüllende Bass. Das alles erzeugt eine in sich stimmige und hymnische Niederkunft, die – wie auch die anderen hier genannten US Metal-Alben – mit einer tatsächlichen Einzigartigkeit gesegnet ist.