Mittwoch, 24. Oktober 2012

Thorns - Thorns

Throns-Thorns


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das bisher einzige Album von THORNS aus Norwegen gilt nicht nur als ein verspäteter Klassiker, sondern auch als eine der faszinierendsten und einflussreichsten Veröffentlichungen im Black Metal. Snorre, der bereits seit 1989 im tiefsten Underground mit THORNS (vorher unter dem Namen STIGMA DIABOLICUM) sein Unwesen trieb, veröffentlichte 1999 zusammen mit EMPEROR eine legendäre Split-LP. Bereits hier sorgten THORNS für große Aufregung in der Szene. Der damals noch sehr „fremdartige“ Sound von THORNS hat viele Fans vor den Kopf gestoßen.

Doch es sollte noch viel besser kommen! Zwischen 1998 und 2000 versammelte Snorre mit Aldrahn (Dødheimsgard), Hellhammer (Mayhem) und Satyr (Satyricon) drei bekannte Namen um sich, um eines der kreativsten, hässlichsten und richtungsweisendsten Black-Metal-Alben bis zum heutigen Tag aufzunehmen. Was in diesen zwei Jahren entstanden ist, ist vielleicht das beste Industrial-Black-Metal-Album, das die Szene jemals hervorgebracht hat.

Der klare Grundton ist immer noch Black Metal, aber alleine durch die eigenständige und klinisch-präzise Produktion klingt der Sound völlig fremdartig und postapokalyptisch. Die eingestreuten elektronischen Samples, Keyboardsequenzen, Maschinengeräusche und Ambient-Collagen legen zusätzlich einen kalten und abstrakten Nebel über das faszinierende Konzept THORNS.

Doch das alleine macht nur einen Bruchteil des Sounds von THORNS aus. Wenn man von THORNS spricht, müssen natürlich als erstes die abartig-monstruösen Roboter-Riffs von Snorre genannt werden. Wie übergroße Maschinenmesser, die von Androiden bedient werden, schneiden sich die beängstigenden Gitarrenriffs durch den Sound, treiben die kalt-blaue Atmosphäre in unmenschliche Höhen, um dann plötzlich einen nuklearen Sturm heraufzubeschwören.

Bereits der erste Song „Existence“ überrennt alles mit diesen Cyber-Riffs, dazu diese bohrenden Höhen, die Sequenzen und der abartige Gesang. Und was wären diese vernichtenden Riffs ohne das wahnwitzige Drumming von Hellhammer, das natürlich bis zum Anschlag getriggert und gepitcht ist – ein natürlicher Drumsound wäre bei keinem anderen Album so fehl am Platz wie hier.

Wie perfekt Gitarrenriffs und Drumming hier zusammengefügt sind, sich gegenseitig antreiben, ergänzen und fast schon ein zusammenhängendes Instrument ergeben, ist bis heute im Black Metal unerreicht. „World Playground Deceit“ mit seinen irren Rhythmen, den psychopathischen Obertönen und dem überragenden Mittelteil, wenn alles in sich zusammenstürzt und durch Snorres Maschinengewehr-Riffs ein riesiges schwarzes Loch erschaffen wird, ist ein weiteres Beispiel für die unmenschliche Ausgewogenheit dieses Albums.

Über allem thront Satyr mit seinem hasserfüllten und abartig bissigen Gesang – vielleicht seine beste Leistung auf einem Album. Black Metal für das neue Jahrtausend: dreckig, roh, kalt, futuristisch, abstoßend hässlich, betörend, kompromisslos, nihilistisch, maschinell, präzise und unglaublich stimmig!

Der Höhepunkt ist für mich die Cyberspace-Vertonung „Shifting Channels“. Angsteinflößende Maschinentöne, Mensch-Maschinen-Drumming, hintergründige Alptraum-Ambient-Collagen, Gitarrenriffs am Abgrund des Weltuntergangs und Aldrahns beschwörende, knurrige Stimme. Der Song klingt, als ob die Menschheit von Maschinen und künstlicher Intelligenz überrannt wurde, ja sogar, als ob Maschinenwesen diesen Song in einer Menschenvernichtungsanlage eingespielt hätten – ein alles vernichtendes Monster aus tonnenschwerem Stahl und Elektronik!

„Stellar Master Elite“ ist wieder ein Berg aus kinetischen Riffs und wütender Drum-Präzision. Mit „Underneath The Universe (Part 1)“ wird dann die endgültige Vernichtung der Menschheit eingeleitet. Ein vertonter Aufmarsch der Maschinen, unterstützt von postnuklearem Ambient. Kein Gesang, nur kurzweilige marschartige Riffs und Kriegs-Drumming – dann wieder absolute Stille, nur vereinzelte Endzeittöne dringen durch. Eine unfassbare Atmosphäre zieht den toten Körpern praktisch das letzte Leben heraus.

„Underneath The Universe (Part 2)“ demonstriert die Macht der Maschinen, die über die toten Körper rollen, marschieren und alles Lebende vernichten. Was übrig bleibt, ist nichts weiter als eine unwirkliche, menschenleere Welt in Dunkelheit.

THORNS haben für mich vielleicht die beste Vertonung des Weltuntergangs eingefangen. Das Album ist in der Lage, Bilder im Kopf des Hörers zu erschaffen, die Fantasie auf die Spitze zu treiben und dabei völlig unmenschlich zu klingen. Kein anderes Album hat in meinem Kopf ein so klares Zukunftsbild erschaffen, und nie wieder wurde der bevorstehende Weltuntergang so präzise, beängstigend, aber zugleich fesselnd und faszinierend durch Musik vertont.

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