Freitag, 26. Oktober 2012

Verdunkeln - Einblick in den Qualenfall

Verdunkeln-Einblick-in-den-Qualenfall

Eigenständiger Black Metal aus Deutschland, komischer Bandname, komischer Albumname? Ja, es gibt sie, diese besonderen Black Metal-Bands aus Deutschland! Alben, die in meinen Ohren mit nichts aus der Szene zu vergleichen sind. Ein ganz eigener Sound, eine besondere Ausstrahlung und Anziehungskraft, Faszination und Dunkelheit. Nach den sehr mageren 90er Jahren entstanden immer mehr interessante und kreative Black Metal-Bands in Deutschland.

VERDUNKELN gehören meiner Meinung nach zu den faszinierendsten und beeindruckendsten deutschen Black Metal-Bands der letzten Jahre. Hinter VERDUNKELN stecken Gnarl und Ratatyske von GRAUPEL, die schon auf dem Demo „Verdunkeln“ von 2005 einen eigentümlichen Sound kreierten. „Leider“ ist der Sound auch ein echter Demo-Sound, sodass man schon genau hinhören muss, um die Qualität von VERDUNKELN zu erkennen.

2007 erschien das Debüt „Einblick in den Qualenfall“, veröffentlicht vom Qualitäts-Label Ván Records, und beinhaltet nichts weiter als eine ganze Stunde hypnotischen, psychedelischen, verrückten und lavaartigen Black Metal der Sonderklasse. Man kann den wirklich eigenständigen Sound von VERDUNKELN mit keiner anderen Band vergleichen. Hier und da schimmert zwar ein wenig GRAUPEL durch, aber das ist nur sehr marginal.

Bereits der erste Song „In die Irre“ zieht einen sofort in seinen Bann. Surrende Gitarren- oder Basstöne eröffnen diese acht Minuten lange Fahrt durch die Finsternis. Doomig, fast schon ambientartig, baut der Song eine hypnotische Monotonie auf, die durch abwechselnde cleane und klirrende Parts immer spannend bleibt. Es wird zwischen mönchartigem Gesang und psychotischem Gekreische hin und her gewechselt, und so wird eine sehr bedrückende Atmosphäre erschaffen. Extrem zäh und vernichtend düster kriecht der Song vor sich hin – hier gibt es kein Licht. Die Stimmung ist so ergreifend lebendig, und der aufwühlende Mittelteil wird in einer beängstigenden Intensität dargeboten, einfach absolute Tonkunst.

Kratzige Gitarrenmelodien, stumpfes Drumming und begeisternd frische Gitarrenriffs, dazu der abwechslungsreiche Gesang von Gnarl – alles so interessant komponiert und fanatisch vertont. Die nächsten 15 Minuten sind nicht weniger intensiv! „Im Zwiespalt“ ist mit seinen sägenden Gitarren, den irren Melodien und dem wieder einmal zähen und doomigen Sound nichts weiter als ein fieser und düsterer Brocken. Keine Blastbeats, keine Hochgeschwindigkeits-Riffs – ganz langsam lassen VERDUNKELN den Song eine Stimmung entfalten, die ungemein anziehend ist. Hypnotisch, dunkel und völlig kahl ist der Sound. Wie viel allerdings in diesen 15 Minuten passiert, ist großes Songwriting. Diese teilweise ambientartigen Gitarrenmelodien, der geschickte Einsatz von Hall und der basslastige Gesamtsound ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album.

Auch Gnarls eigenartige Gesangsrhythmik gehört zu dem Gesamtkunstwerk VERDUNKELN. Man könnte der Band vorwerfen, dass jeder Song gleich aufgebaut ist – teilweise trifft das auch zu. Doch wenn man in der Lage ist, sich in der Musik auf „Einblick in den Qualenfall“ fallen zu lassen und sich darin zu verlieren, wird dies zu einem unbeschreiblichen Erlebnis.

„Der Quell“ begeistert als etwas schnellerer Song mit gleichzeitigem Klar- und Kreischgesang. Wieder ist sie sofort von der ersten Sekunde anwesend, diese hypnotische Monotonie sowie die psychedelischen Gitarrenriffs. Ratatyske spielt die Drums so songdienlich und technikbefreit, weicht keine Sekunde von einem Takt ab oder benutzt irgendwelche Brücken oder Beckengebimmel – das hebt die Monotonie in noch hypnotischere Sphären.

Das absolute Highlight stellt für mich das folgende „Die Saat der Klinge“ dar. Hypnotischer geht es kaum! Harmonien, Melodien, Rhythmik, Gesang, Riffs, Drumming – alles so unfassbar gut abgestimmt: cleane Parts, ein stampfendes Doom-Fundament, ausdrucksstarke Vocals, dezente Keyboards und leichte BURZUM-Einflüsse, eingefangen in einem einzigartigen Soundgewand. Dark Doom Black Metal oder so ähnlich könnte man den Sound beschreiben – völliger Irrwitz, was VERDUNKELN mit „Einblick in den Qualenfall“ abgeliefert haben.

Jeder Song ist ein kleines Kunstwerk für sich: kreativ und zugleich bodenständig, tiefschwarz und herausragend eigenständig. Die abschließende Hymne „Auf freiem Felde“ lässt jeden peinlichen Viking/Pagan-Moment, der in den letzten Jahren verbrochen wurde, mit einem höher schlagenden Herz vergessen. Kurz und knapp: So wird es gemacht! Ohne Pomp, Kitsch und einen unerträglichen Florian-Silbereisen-Touch.

VERDUNKELN schaffen es mit den einfachsten Mitteln, großartige Black Metal-Kunst zu erschaffen und gehören zu den begnadetsten Black Metal-Bands aus Deutschland. Völlig geil, völlig abgefahren, absolut finster und unverschämt unbekümmert gehört „Einblick in den Qualenfall“ zu den größten Momenten, die die deutsche Black Metal-Szene je erleben durfte!

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