„Melissa“ von Mercyful Fate ist eines dieser Alben, bei dem man kaum glauben kann, dass es ein Debüt ist. Für mich ist es nicht nur besser als der ebenfalls aberwitzige Nachfolger „Don’t Break the Oath“, sondern schlichtweg das beste klassische Heavy Metal-Album überhaupt. Es ist die Quintessenz dessen, was Heavy Metal in seiner pursten, rohesten Form ausmacht: grandiose und verschachtelte Riffs, Gitarrensoli, die so technisch brillant wie melodisch sind, und eine Produktion, die gleichzeitig rau und doch perfekt abgestimmt ist.
Die Gitarrenarbeit auf „Melissa“ ist schlicht und ergreifend eine Wucht. Hank Shermann und Michael Denner liefern hier Riff um Riff, Melodie um Melodie ab, als gäbe es kein Morgen. Man fragt sich unweigerlich, wie es möglich ist, dass eine Band bereits auf ihrem Debüt ein solches Feuerwerk an Einfällen zündet. Die Harmonie zwischen den beiden Gitarristen ist atemberaubend – sie ergänzen sich perfekt, wechseln nahtlos zwischen rhythmischen Attacken und epischen Soli, die sich sofort ins Gehirn brennen. Besonders Songs wie ‚Evil‘ oder ‚Curse of the Pharaohs‘ zeigen dieses Zusammenspiel in Perfektion. Diese Songs sind nicht nur ikonisch, sie sind der aufbauende „Stolz“ einer ganzen Szene, die durch Mercyful Fate eine neue Dimension bekam.
Doch die Gitarren sind nur ein (enorm großer) Teil der Magie von „Melissa“. King Diamonds Stimme ist ein Kapitel für sich. Sein überbordender Gesang, der von tiefem, diabolischem Knurren bis hin zu seinen legendären Falsett-Exzessen reicht, ist so einzigartig wie verstörend. Besonders in dem epischen ‚Satan’s Fall‘ überschlägt sich seine Stimme derart, dass man unweigerlich und instinktiv vor Begeisterung seinen Sack schützend in den Händen hält, um die Männlichkeit zu bewahren. Die Intensität, die King Diamond hier an den Tag legt, sucht ihresgleichen und hat bis heute nichts von ihrer Wirkung verloren. Er klingt wie ein Wahnsinniger, der gleichzeitig die ganze Macht und Boshaftigkeit der Hölle heraufbeschwört und dabei jeden, der zuhört, in einen tranceartigen Zustand versetzt.
Ein weiteres unschätzbares Highlight ist das Bassspiel von Timi Hansen. Sein Bass läuft nicht einfach nebenher, er ist ein integraler Teil des Albums. Die Linien, die er in Stücken wie ‚Into the Coven‘ oder ‚Black Funeral‘ spielt, sind komplex und doch unglaublich druckvoll – sie verleihen dem Sound einen erdigen, fast 70er-Jahre-mäßigen Mief, der perfekt zum muffigen, düsteren Soundbild passt. Das alles wird von der großartigen Produktion von Henrik Lund zusammengehalten, die dafür sorgt, dass jedes Instrument zur Geltung kommt, ohne die rohe Kraft und Authentizität des Sounds zu verwässern. Diese Mischung aus Old-School-Vibe und technischer Präzision macht „Melissa“ zu einem zeitlosen Klassiker.
Und dann ist da natürlich der übergreifende Einfluss dieses Albums. Man kann den Wert von „Melissa“ für die Entwicklung des Black Metal nicht hoch genug einschätzen. Dieses Album war wegweisend – es schuf eine Brücke zwischen dem klassischen Heavy Metal und den dunkleren, extremen Klängen, die später den Black Metal definieren sollten. Doch es wäre zu kurz gegriffen, „Melissa“ nur auf seinen Einfluss zu reduzieren. Es ist nicht nur ein Meilenstein, sondern auch ein emotional intensives, technisch brillantes und einfach verdammt gutes Album, das in seiner Gesamtheit schlichtweg perfekt funktioniert und den Gipfel des klassischen Heavy Metal der Achtziger darstellt.
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