Samstag, 5. April 2025

Foetus - Nail


Oberzyniker Jim Thirlwell alias Foetus war schon immer ein musikalischer Einzelgänger - ein Besessener, der sich konsequent weigert, in irgendein vorgefertigtes Genre zu passen. Mit "Nail" hat er 1985 ein Werk ausgekotzt, das so brachial wie kunstvoll ist. Ein Album, das einer vertonten Apokalypse gleicht und dabei eine seltsame, fast groteske Schönheit entfaltet. Die Musik ist ein dicht verwobenes Geflecht aus Industrial, Noise, Jazz, orchestralen Elementen, Avantgarde und einer tief verwurzelten, anarchischen Rock-Attitüde. Chaos, Nervosität, Hektik, Besessenheit und Wahnsinn - all das tropft unaufhörlich aus jedem Ton. "Nail" ist der Soundtrack zu einem apokalyptischen Jahrmarkt, der in Flammen steht. Ein schwindelerregender Brocken, der klarstellt, dass hier keine Rücksicht auf Hörgewohnheiten genommen wird. Eines der Herzstücke ist 'Descent into the Inferno', ein wilder Ritt durch chaotische Rhythmen, donnernde Percussion und Thirlwells theatralischen Gesang, der sich zwischen wahnsinnigen Schreien und sarkastischem Raunen die Klinke in die Hand drückt. Die brachiale Energie von Songs wie 'Enter the Exterminator' wird nur durch ihre bizarre Präzision übertroffen - jeder Klang, so chaotisch er auch erscheinen mag, sitzt an genau der richtigen Stelle. Die orchestralen Arrangements, die auf 'Pigswill' oder 'The Throne of Agony' (was ein Groove aus der Unterwelt!) zum Vorschein kommen, sind ein Paradebeispiel für Thirlwells grotesk buntes und gleichzeitig reinschwarzes Genie.
Thirlwells Musik ist sich ihrer Theatralik vollkommen bewusst und umarmt sie mit einer Intensität, die sich zugleich erhebt und dekonstruiert. Die abstoßende Produktion ist schmutzig und voller Überraschungen - ein Klangfluch, der sich anfühlt, als stünde man in einem brodelnden Kessel aus Öl und Metall. "Nail" ist ein bitterböses Meisterwerk, ein brachiales Arschloch von einem Album, das verstört und berauscht. Es macht keine Kompromisse - jede Note ist durchdrungen von einem unbändigen Willen zur totalen künstlerischen Freiheit, sauer eingelegt in einer unheimlichen, süchtig machenden Energie. Ein seltenes Knochenmark-Album.

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