Es gibt
Alben, die nicht nur eine Ära definieren, sondern die Essenz eines ganzen
Genres in sich tragen. „Vol. 4“ von Black Sabbath ist ein Album, das den Hörer
in eine wahre Urgewalt aus Sound, Wut und psychedelischem Taumel stürzt. Es ist
eine der bedeutendsten Veröffentlichungen der frühen Siebziger und markiert
einen Wendepunkt im Schaffen der Band, die sich von ihren bluesgetränkten
Wurzeln weiter in die Tiefen einer zunehmend progressiven und experimentellen
Klangwelt vorwagt. Die bereits bekannte Schwere und Finsternis, die Black
Sabbath als Begründer des Heavy Metal kultivierten, erhält hier eine
zusätzliche Dimension: eine Mischung aus Verzweiflung, nahezu nihilistischer
Euphorie und einer eigentümlichen Sensibilität, die in ihrer Eigenart
unvergesslich ist. „Vol. 4“ ist nicht nur eines der wichtigsten Alben für den
Heavy Metal – es ist eines der coolsten, lässigsten und kompromisslosesten
Werke, die jemals aufgenommen wurden. Die rohe Energie und der ungezähmte
Spirit, der durch jede Note dieses Albums pulsiert, machen es zu einem
zeitlosen Meisterwerk. Es ist ein Album, das vor Authentizität strotzt und die
unbändige Kreativität der Band auf ihrem absoluten Höhepunkt einfängt.
Für mich
persönlich zählt „Vol. 4“ zu den ganz wenigen perfekten Alben der
Musikgeschichte, obwohl es in meinem musikalischen Werdegang erst relativ spät
seine volle Wirkung entfalten konnte. So gut wie auf „Vol. 4“ waren Black
Sabbath in ihrer klassischen Besetzung nie wieder. Es ist das perfekte
Zusammenspiel von vier Musikern, die hier die Höhe ihrer Schaffenskraft
erreicht haben. Tony Iommi zaubert Riffs aus seiner Gitarre, die so ikonisch
und mächtig sind, dass sie bis heute als Blaupause für unzählige Metalbands
dienen. Bill Ward am Schlagzeug und Geezer Butler am Bass bilden eine
Rhythmussektion, die so tight und druckvoll spielt, dass sie jeden Song in eine
unerbittliche Walze aus purem Rock verwandelt. Und natürlich Ozzy Osbourne –
der Teufelsanbeter, dessen unverkennbare Stimme über dem ganzen Werk thront und
ihm seine dunkle, unheimliche Seele verleiht.
Der Opener ‚Wheels
of Confusion‘ zeigt, dass es hier um mehr geht als um bloße Kraftmeierei. Das
Stück beginnt mit einem getäuschten Gefühl der Kontrolle, einem scheinbar
einfachen, fast rockigen Riff, doch bereits nach wenigen Takten weicht es einem
musikalischen Wirbelwind, der das bekannte Terrain verlässt und sich in immer
verworrenere Bahnen begibt. Iommis Gitarre klagt, schwelgt, erhebt sich in
triumphale Höhen, nur um sich wieder in melancholische Gefilde zu stürzen. Es
ist ein Epos, das in seinen verschiedenen Teilen die Bandbreite von Black
Sabbath aufzeigt: vom verführerisch melodischen bis zum geradezu beängstigend
düsteren Klangspektrum.
Ein weiterer
Höhepunkt ist das treibende ‚Snowblind‘ – die offene Hommage an die
Kokainexzesse, die das Leben der Band damals prägten. Tony Iommi spielt hier
eines seiner prägnantesten Riffs, eine schwerfällige, aber unwiderstehliche
Wand aus Sound, die sich wie eine Lawine auf den Zuhörer zubewegt. Ozzy Osbournes
Stimme klingt hier verletzlich und aufgeladen zugleich; es ist eine Mischung
aus Wahnsinn und Klarheit, die durch die gesamte Aufnahme hindurchschimmert.
Gerade in dieser Unmittelbarkeit, in der schonungslosen Ehrlichkeit, die nicht
um das Thema der Droge herumtänzelt, sondern es frontal angreift, liegt die
Intensität von ‚Snowblind‘. Es ist ein Song, der das Gefühl der Flucht und des
Kontrollverlusts in purer musikalischer Form einfängt.
Was „Vol. 4“
ebenfalls auszeichnet, ist die Fülle an stilistischen Experimenten, die die
Band wagt. ‚Changes‘, eine balladeske Nummer, markiert einen tiefen Bruch im
sonst so düsteren Klangbild der Band. Hier dominiert das Klavier, gespielt von
Iommi selbst, und Ozzys Stimme erreicht eine emotionale Tiefe, die von Schmerz
und Verlust erzählt. Der Song ist schlicht, fast verletzlich, und zeigt eine
Seite der Band, die viele vielleicht nicht erwartet hätten – eine
melancholische Aufrichtigkeit, die zwischen all der Schwere und Dunkelheit fast
wie eine Erlösung wirkt. Es sind Momente wie diese, die Black Sabbath als mehr
denn eine bloße Metal-Band ausweisen – sie waren stets auch musikalische
Pioniere, bereit, die Grenzen dessen, was „heavy“ sein kann, zu erweitern.
Mit ‚Supernaut‘
liefert die Band eines der direktesten und kraftvollsten Stücke auf dem Album. Das
treibende Riffing von Iommi in Verbindung mit Bill Wards unermüdlichem, fast
tribalistischem Schlagzeugspiel macht diesen Track zu einer wahrhaft
energiegeladenen Hymne. Der Groove, der sich durch das Stück zieht, ist
elektrisierend, und auch wenn die Riffs simpel erscheinen, tragen sie eine
unbändige Kraft in sich, die bis heute nichts von ihrer Wirkung verloren hat.
Es sind genau diese Elemente – die scheinbare Einfachheit kombiniert mit einer
absoluten Hingabe und Präzision – die ‚Supernaut‘ zu einem unverzichtbaren
Stück der Rockgeschichte machen. Es hat etwas fast Hypnotisches an sich, wie
die Band hier unaufhaltsam und kompromisslos nach vorne prescht.
Songs wie ‚Snowblind‘,
‚Supernaut‘ und ‚Wheels of Confusion‘ sind nicht nur Klassiker – sie sind
essenziell für das Verständnis des Heavy Metal. Sie zeigen, wie man düsteren,
schweren Rock mit einer fast mühelosen Coolness verbindet. Die unheilvolle
Stimmung, die düsteren Lyrics und die rohe, unpolierte Produktion verleihen dem
Album eine Authentizität, die es von allem abhebt, was zuvor kam und was danach
noch folgen sollte. Die Produktion von „Vol. 4“ fängt den Geist der Zeit
perfekt ein: Sie ist roh, stellenweise fast unfertig wirkend. Es gibt keinen
Schnickschnack, keinen überflüssigen Glamour – alles ist auf den Punkt, direkt
und ehrlich. Man hört dem Album an, dass es in einer Zeit entstanden ist, in
der Musik noch unmittelbarer Ausdruck von Lebensgefühl und Existenz war. Die
Soundexperimente und kleinen Studio-Gimmicks tragen alle dazu bei, dass „Vol.
4“ wie ein organisches Ganzes wirkt – ein lebendiges Stück Musik voller
Überraschungen.
Es ist ein
versiffter Trip, ein Hörspiel des Wahnsinns und des Genies, eine Reise durch
die tiefsten Abgründe und die höchsten Höhen der menschlichen Kreativität. Einer
der eindrucksvollsten Aspekte von „Vol. 4“ ist die Balance zwischen der
kompromisslosen Härte und der tiefen Emotionalität, die durch das gesamte Album
schwingt. Ob es die düsteren, drogengetriebenen Visionen in ‚Snowblind‘ sind,
die schmerzvolle Melancholie von ‚Changes‘ oder die rohe, fast ekstatische
Energie von ‚Supernaut‘ – all diese Elemente verbinden sich zu einem komplexen
Geflecht, das in seiner Gesamtheit weit über das hinausgeht, was man von einem „Metal-Album“
erwarten könnte. Black Sabbath waren niemals nur die Begründer eines Genres,
sie waren Künstler, die die Grenzen dessen, was Musik leisten kann, immer
weiter ausloteten.
„Vol. 4“ ist
ein Denkmal der Rockgeschichte – ein Album, das für immer den Stempel
"unvergänglich" trägt. Es ist eines dieser Werke, die nicht altern,
die nichts von ihrer Kraft verlieren und die auch nach Jahrzehnten noch die
gleiche elektrisierende Wirkung entfalten. Wenn man darüber spricht, was Heavy
Metal wirklich ausmacht, wenn man nach der Essenz dieser Musik sucht, dann
führt kein Weg an „Vol. 4“ vorbei. Es ist die Verkörperung dessen, was Rock und
Metal sein können – roh, ungeschönt und absolut zeitlos.