Donnerstag, 10. März 2016

Neil Young - Tonight's The Night

Neil-Young-Tonight's-The-Night

Wenn es um Neil Young geht, schreien fast alle immer 'Heart of Gold' und "Harvest", doch dieser Ausnahmekünstler hat weitaus mehr zu bieten als nur diesen einen ungewollten Hit und das vergleichsweise eingängige Album.

Neil Young ist erst einmal musikalisch gegen den Strich gebürstet, ob gesanglich oder musikalisch. Bei ihm steht das Songwriting an vorderster Front, erst danach kommt das musikalische (Wohlfühl-)Beiwerk. "Tonight's The Night" entstand direkt nach "Harvest" und war damals eine Schelte an die Musikindustrie. Man erwartete einen ähnlichen (erfolgreichen) Nachfolger, doch Young distanzierte sich von seinem großen Hit und auch von "Harvest". In mehreren "unprofessionellen" Aufnahmesessions kreierte er diesen Nachfolger – so gut wie live eingespielt und in einem authentisch rohen Sound eingepackt.

"Tonight's The Night" ist ein karges Album, düster und überaus depressiv. Es gilt allgemein als Pate für den Seattle-Sound der späten Achtziger/frühen Neunziger. Diese ungeschliffene Ästhetik übt auf dem Album eine große Faszination aus – die weiten Leerräume und die trostlose Stimmung.

Neil Young ist kein Poet, er besitzt auch nicht das Talent eines Bob Dylan – aber er ist der uramerikanischste Singer-Songwriter, den ich mir vorstellen kann. Seine Musik kann sehr tief unter die Haut gehen, zu Tränen rühren, Freude schenken und je nach Stimmung als Lebenssoundtrack dienen. In seiner umfangreichen, hochinteressanten und spannenden Diskografie gibt es unfassbare Wundertüten zu entdecken. Das zentrale Werk von Young ist berührend, authentisch, lebensnah, unaufgeregt und erzeugt betörende Stimmungen im einzigartigen Kleid seiner Musik.

"Tonight's The Night" ist mitnichten das beste Werk von Young, doch es zeigt ihn so ehrlich wie auf keinem anderen Album. Es sticht mit seinem künstlerischen Nährwert und durch seine intime Schroffheit aus der durchweg makellosen Schaffensphase dieses Künstlers heraus. Neben "Harvest Moon", "Zuma" und "After the Gold Rush" ist es eines meiner liebsten Young-Werke.

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