Regie: Ingmar Bergman, 1972
Ingmar Bergman hat sich in den letzten Jahren zu meinem absoluten Lieblingsregisseur entwickelt. Solche einzigartigen und bildgewaltigen Kompositionen wie "Det sjunde inseglet", "Jungfrukällan" oder "Smultronstället" konnte nur ein Bergman erschaffen. Kubrick, Tarkovskij, Wilder, Kurosawa und Fellini – alles übergroßartige Regiefürsten, aber letztendlich einem Bergman immer noch unterlegen.
"Viskningar och rop" gehört zu den schmerzhafteren, anstrengenderen und extrem anspruchsvollen, sowie unangenehmen Filmen von Bergman. Er war bekannt für seine extrem starken, authentischen und mutigen Frauenrollen, verbunden mit seinem manischen Drang, die Psyche der Frau offenzulegen und möglichst tief in sie einzudringen (also in die Psyche).
Als mächtig großes Meisterwerk zu diesem "Thema" zählt auch sein Film "Persona", den man kennen sollte.
"Viskningar och rop" spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts in einem edlen Wohnsitz und handelt von den drei Schwestern Agnes, Maria und Karin, wobei Agnes an Krebs im Sterben liegt und aufgrund ihrer qualvollen Schmerzen das halbe Haus zusammenschreit. Die einzige Person, die sich um Agnes kümmert und ihr menschliche Nähe, Wärme und Liebe schenkt, ist das Dienstmädchen Anna.
Von allen drei Schwestern gibt es jeweils eine Rückblende: Agnes erinnert sich an ihre Mutter, Maria an ihren Ehebetrug und den darauf folgenden Selbstmordversuch ihres Mannes, und in Karins Erinnerung verstümmelt sie ihren Intimbereich mit einer Glasscherbe, weil sie ihren Mann hasst.
Alles spielt sich in ein paar Zimmern ab, deren satten roten Wände, Teppiche und Vorhänge für eine intensive Farbgebung sorgen. Durch die extrem bewundernswert eingefangenen Lichteffekte wirken die Bilder wie ein glühender Fiebertraum. Musik gibt es kaum, stattdessen hört man das ständige Ticken der Uhr, die beängstigenden Schmerzensschreie von Agnes und unverständliches Flüstern in den Szenenübergängen zwischen den Rückblenden und dem aktuellen Geschehen. Bergmans treuer Kameramann Sven Nykvist hat nicht umsonst dafür einen Oscar erhalten. Die Kamera bleibt extrem dicht an den Gesichtern der Darstellerinnen, lässt kein Ausweichen zu und fängt jede Gefühlsregung ein.
Alle vier Frauen spielen ihre Rollen grandios, darunter auch die großartige Liv Ullmann, die man als Bergman-Fan kennt und liebt. Auch die Ausstattung der wenigen Kulissen ist phänomenal, ebenso die Kostüme.
Dieses sehr unangenehme und reduzierte Kammerspiel gehört vielleicht nicht unbedingt zu den größten Filmen Bergmans, aber es ist einer seiner eindringlichsten und quälendsten Filme, den man als Filmfan gesehen haben sollte.
Mittwoch, 9. März 2016
Viskningar och rop
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