Montag, 8. Januar 2018

Halbe Treppe

Halbe-Treppe

Regie: Andreas Dresen, 2012

Der Film zeigt halb-dokumentarisch das Leben zweier Ehepaare, die in Frankfurt (Oder) ihren tristen und eintönigen Alltag meistern. Beide Paare sind befreundet: Chris, der als Radiomoderator arbeitet, und seine Frau Katrin, die beim Zoll an der polnischen Grenze beschäftigt ist, sowie Uwe, der eine Imbissbude betreibt, und seine Frau Ellen, die in einer Parfümerie arbeitet.

Uwe und Ellen leben stilecht in einer kargen Wohnblockgegend und haben sich nur noch wenig zu sagen. Uwe opfert sich voll und ganz für seinen Imbiss auf, während Ellen sich eine neue Küche und vor allem eine Dunstabzugshaube für die viel zu kleine Küche wünscht. Chris und Katrin haben ebenfalls eine Ehe mit Spannungen. Chris' Tochter aus erster Ehe taucht unangemeldet mit ihrem Freund in der Wohnung auf („Das ist doch hier keine Absteige“), was zu Konflikten führt.

Als Chris und Ellen eine Affäre beginnen, stehen die vier Freunde emotional am Abgrund. Der Film erzählt keine klassische Geschichte, sondern zeigt den ganz normalen deutschen Alltag – und das auf so ausdrucksstarke und gefährlich realistische Weise, wie es selten in einem deutschen Film zu sehen ist. Die Schauspieler improvisieren zu 90 %, es gibt nur wenige Vorgaben, und das funktioniert so herrlich absurd und urkomisch, weil man diese Situationen zu 100 % aus dem eigenen Leben kennt. Nichts wird beschönigt – es ist das wahre Leben in (Ost-)Deutschland, das hier gezeigt wird.

Dies hätte leicht schiefgehen können, aber die fantastischen Hauptdarsteller, insbesondere der überragende und fürchterlich authentische Axel Prahl, liefern eine schlichtweg glaubwürdige und lebensnahe Leistung ab. Der Film ist unglaublich lustig, ohne auf Gags oder Klamauk zu setzen, sondern getragen von Situationskomik und absurden Handlungen. Beispiele hierfür sind die Suche nach Hans-Peter, dem entflohenen Wellensittich von Uwe und Ellen im Wohnblock-Hinterhof, oder der Besuch im Küchenstudio, als Uwe und Ellen die Rolltreppe hochfahren. Auch die ostdeutschen Dialoge und Sprüche tragen zum Witz bei.

Doch neben den komischen Momenten gibt es auch tragische Szenen voller Tristesse und Existenzängste. Andreas Dresen greift alltägliche Sorgen und den Wahnsinn des Lebens auf, oft nur angedeutet, und lässt Raum für eigene Gedanken. Trotz der teils tragischen Grundstimmung läuft der Film locker und leicht ab.

Viele der dargestellten Situationen kommen einem erschreckend bekannt vor, auch aus meiner eigenen Kindheit. Ich konnte mich vollkommen mit den Hauptfiguren identifizieren und habe selten so herzlich gelacht und mit den liebevoll gezeichneten Charakteren mitgelitten. Durch und durch ein herrlich DEUTSCHER Film!

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