Dienstag, 20. Oktober 2015

Absu - Tara

Absu-Tara

"Tara" ist wohl mein liebstes Air-Drumming-Album. Was mir gestern mal wieder beim Hören bewusst wurde, ist diese aberwitzige, unmoderne Schlagzeugproduktion, die eigentlich viel zu weit im Vordergrund steht. Aber genau diese Besonderheit hebt "Tara" aus der Masse der Black- und Death-Metal-Alben der 00er-Jahre heraus. Nicht nur das – auch das Wunder, das hinter den Kesseln sitzt, lässt mich bis heute immer wieder staunen, mit welcher Hingabe und gewalttätiger Präzision dort ein Schlagzeugkrieg entfacht wird.

Proscriptor, Chef und Kopf hinter ABSU, hat auf "Tara" eine wahnsinnige und erstaunliche Drumperformance abgeliefert. Eine schier unglaubliche Power wütet an den Drums, eine für mich bis heute nie wieder erreichte Intensivleistung in diesem Bereich. Proscriptor ist nicht der schnellste, geschweige denn der technisch versierteste Drummer (obwohl er natürlich eine ganz eigene Technik besitzt), aber seine Präsenz, seine völlig einzigartige (an)treibende Spielweise, dieser druckvolle Punch und speziell diese verrückte Hektik – all das zusammen ergibt eine hochexplosive Mischung, die besonders auf "Tara", dem ohnehin besten Werk von ABSU, ein eigenes Level erreicht.

Eingeleitet von einem ruhigen Dudelsack-Intro, wird das Album gnadenlos mit 'Pillars of Mercy' eröffnet. Ein infernalischer Sturm aus barbarischen Gitarrenriffs, die durch das extrem hektische und treibende Psychodrumming vorangetrieben werden, während sich Proscriptors keifende Stimme durch das Chaos fräst. Bis zum Abschlusstrack 'Stone of Destiny' wird über die gesamte Spielzeit ein bis heute kaum wieder erreichtes Aggressionslevel gefahren – eine Melange aus Black, Thrash und Death Metal, gepaart mit Alcoholocaust-Gitarrenriffs und Prügeldrumming auf einem Niveau, das bis heute fast unangetastet ist.

"Tara" ist eine Sternstunde im Extremmetal, eines der Alben, an dem man Standards festmachen kann. Nebenbei bemerkt, ist ABSU auch eine fantastische Live-Band. Ich hatte sogar das seltene Glück, Proscriptor aus nächster Nähe auf der Bühne zu beobachten. Dieser Moment gehört zu meinen denkwürdigsten Live-Erfahrungen. Mir lief die ganze Zeit der Speichel aus dem Mund, und viele andere Musiker (darunter auch ein gewisser Abbath von IMMORTAL) standen ebenfalls am Bühnenrand und erstarrten vor Ehrfurcht, als Proscriptor eine Lehrstunde in Sachen Powerdrumming ablieferte. Da kann mir einer erzählen, was er will – der Typ, der hinter der Bühne eine so unglaublich ruhige und nette Person ist, ist an diesem Instrument ein Wahnsinniger. Ein Irrer, der vor Energie eigentlich sofort tot umfallen müsste.

Leider ist "Tara" auch das letzte wirklich große Album von ABSU. Nachdem bereits die Vorgänger hervorragend waren, konnte mich das Comeback (Proscriptor brach sich 2002 das Handgelenk, was fast zu einem Ende seiner Karriere führte), das mit neuer Mannschaft 2009 unter dem Titel "Absu" veröffentlicht wurde, nicht mehr wirklich überzeugen. Der Sound war viel zu glatt, es gab keine Ecken und Kanten mehr (eine ganz wichtige Eigenschaft im Sound von ABSU), die Riffs waren fast schon langweilig zu nennen, und die Songs waren im besten Fall durchschnittlich – für eine Band wie ABSU einfach zu unbedeutend. Am schlimmsten jedoch war das viel zu koordinierte Drumming, das zwar immer noch kraftvoll wirkte, jedoch nicht mehr diesen Wahnsinn und die Hektik besaß, die die älteren Veröffentlichungen auszeichnete.

Insgesamt klangen ABSU auch viel professioneller und somit routinierter, fast schon vorhersehbar. Mir fehlten diese irrwitzigen Riffs und vor allen Dingen dieses unkopierbare Psychodrumming sowie eine etwas dreckigere Produktion. Warum diese Band allerdings bis heute nie den großen "Durchbruch" geschafft hat, ist mir nach wie vor ein Rätsel.

"Tara" zählt für mich jedoch zu den Klassikern der 00er-Jahre und ist eines der geilsten "klassischen" Metal-Alben dieses Jahrzehnts. Ein Werk voller Geilheit, losgelöst von der Masse, mit einer der wohl erstaunlichsten Schlagzeugleistungen, die in diesem Jahrzehnt aufgenommen wurde. Kurz: richtig derb geiler Heavy Metal!

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