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Sonntag, 31. Dezember 2017

Celtic Frost - Monotheist

Celtic-Frost-Monotheist

Wie klingt die absolute Dunkelheit?
CELTIC FROST gaben darauf 2006 die Antwort und veröffentlichten mit "Monotheist" vielleicht nicht nur ihr bestes Werk, sondern auch zugleich einen unerreichbaren schwarzen Brocken, der immer noch unangetastet jedes danach veröffentlichte Black Metal Album verpuffen lässt.
Black Metal im wahrsten Sinne des Wortes, also wirklich rabenschwarze und tiefgründige Dunkelheit - zelebriert in Text, Musik und Sound. Bereits die ersten Sekunden des Openers "Progeny" klingen sofort vertraut - vertraut im Sinne von “Morbid Tales”, “Emperor's Return” und “To Mega Therion”. CELTIC FROST setzten mit ‘Progeny’ den noch am typischsten "old school" mäßigen Song direkt an den Anfang des Albums. Alles wirkt sofort vertraut. Die Gitarre von Thomas Gabriel Fischer, die monströsen und zugleich nicht in Worte zu fassenden Riffs und natürlich diese wahnsinnige Stimme und der brodelnde Bass von Martin E. Ain. Danach gibt es sowieso kein zurück mehr. Bereits mit dem zweiten Song ‘Ground’ wird gnadenlos alles plattgewalzt. Ein Riff, ein Beat, ein alles vernichtender Bassteppich und Fischers unfassbarer hasserfüllter Gesang. Doomig schlürft sich der Song durch alle Hirnwindungen.
Was danach folgt, ist vielleicht das fieseste Stück Metal, was unter dem Banner Black/Death Metal in den letzten 10 Jahren komponiert wurde. Eigentlich als "Hit" verkleidet, steigert sich ‘A Dying God Coming into Human Flesh’ zu einem Psychotrip der Extraklasse. Pure Gänsehaut, pure Finsternis, irre negative Gesangsleistung und eine Abwärtsspirale sonst wohin. ‘Drown in Ashes’ ist nichts weiter als trostlose, einsame Traurigkeit. Fischer liefert sich mit Lisa Middelhauve ein gnadenlos gutes Gesangsduett, welches nicht eine Millisekunde aufgesetzt wirkt. Atmosphärisch der dichteste und ergreifendste Song auf "Monotheist", der so wunderbar dahinschwebt. ‘Os Abysmi Vel Daath’ schleift sich zäh und mit Monsterriffs durch fast 7 Minuten - unglaublich, wie man mit zwei bis drei Anschlägen auf der Gitarre eine solche monströse Wand erschaffen kann. In ‘Obscured’ geht es dann etwas gothischer zu. Wieder gibt es ein Duett, diesmal mit Simone Vollenweider. Der Song hätte auch locker auf "Into The Pandemonium" stehen können. ‘Domain of Decay’ und ‘Ain Elohim’ beenden dann im typischen CELTIC FROST Stil den regulären Albumkontext mit jeder Menge Fischer-Riffs, pumpenden Bassfundamenten und diesem direkt aus der Hölle stammenden Gesang.
Der letzte Teil des Albums, ‘Triptych’, umfasst knapp 25 Minuten und ist in drei Songs aufgeteilt. Eingeleitet durch ‘Totengott’, eine Dark Ambient-Collage mit einer geisteskranken Darbietung von Fischer am "Gesang". Innerhalb von 4:27 Minuten wird einfach mal locker alles in den Schatten gestellt, was sich seit Ende der Neunzigerjahre in Sachen Black Metal "Evil" nannte. Dieser Song sollte als Kanon im Black Metal eingesetzt werden!
Und dann folgt mal eben das bösartigste Stück Black Metal seit Erfindung des Genres. Oh man, wenn ich doch nur diese Riffs beschreiben könnte, diesen völlig einzigartigen Gitarrensound, dieser besondere Ton (ab 2:46), den nur CELTIC FROST besitzen. Herr Fischer muss einfach einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sein, geht gar nicht anders, um speziell diesen Gitarrensound zu erschaffen. Die Songs könnten alle durch die Bank scheiße sein, ich würde das Album trotzdem lieben, alleine nur wegen diesem völlig irre machenden Gitarrenton. Wenn Fischer stimmlich komplett ausflippt, sich eigentlich schon überschlägt, psychopathisch aufheult und finster knurrt - es ist mit Worten kaum beschreibbar. Knapp 15 Minuten lang wird man in ‘Synagoga Satanae’ durch die schlimmsten Ecken in der Hölle geschickt. Das abschließende ‘Winter’ beendet das Album dann auf eine ruhige aber eher beunruhigende Art und Weise.
"Monotheist" ist Lehrwerk, Sucht, Glückseligkeit, Hass, Finsternis, Zerstörung, Abgrund, Lava und vielleicht die Hölle in Musik gepresst. Es gibt kein vergleichbares Album, welches bis auf den Kern so düster ist, so ehrlich, so gnadenlos, so überzeugend authentisch bösartig.
Nebenbei möchte ich auch noch lobende Worte für Peter Tägtgren erwähnen, der es nicht hinbekommen hat, dass der Sound auch nur annähernd überladen und matschig klingt, auch wenn er nicht als Hauptproduzent tätig war. Soundmäßig killt "Monotheist" gnadenlos jede High-End Produktion.
Neben den ersten beiden Alben von ENTOMBED, "Under A Funeral Moon", die heiligen Kyuss-Werke und natürlich die 70er-Black Sabbath Schablonen, gab es in der Welt der harten Gitarren nie wieder einen ehrfürchtigeren Gitarrensound.

Samstag, 30. Dezember 2017

Psychotic Waltz - Into the Everflow

Psychotic-Waltz-Into-the-Eveflow

Es gibt Alben, die sind so unantastbar, von solcher erhabenen Größe und Magie durchdrungen, dass man auch fast 25 Jahre später immer noch nach Worten ringt, um die Musik, die auf "Into the Eveflow" auftanzt, gerecht zu formulieren.
PSYCHOTIC WALTZ haben mit ihren ersten beiden Alben "A Social Grace" von 1990 und "Into the Everflow" aus dem Jahr 1992 zwei der künstlerisch wertvollsten Werke in der Gemeinde Hard 'n' Heavy verankert. Gilt "A Social Grace" als eines der besten Debüt-Alben in der Rockgeschichte (ja!) mit all seinen verfranzten Songstrukturen, dem schon arg preiswerten Sound, den drogenvernebelten Gitarrenriffs und mit dem auffälligen Beschwörungsgesang von Buddy Lackey, hat sich die Band mit dem Nachfolger für alle Ewigkeit in meinem Kopf festgesetzt.
Zugegeben, ich hatte nie wirklich Probleme mit dem Einstieg in "Into the Everflow", beim Vorgänger habe ich jedoch gefühlt eine halbe Ewigkeit gebraucht, bevor sich mir das Album mit dem wunderbaren und passenden Coverartwork komplett erschloss. Es gab Tage, da biss ich mir regelrecht die Zähne an "A Social Grace" aus, wusste aber immer, dass hier schon was Einzigartiges und Wunderbares stattfindet.
"Into the Everflow" hingegen konnte mich mit dem Erstkontakt (ich hatte mir 2004 die beiden Boxen von Metal Blade endlich gekauft, da ich vorher die Alben nur auf Kassette besessen hatte - mittlerweile stehen auch die beiden Erstlinge als zusätzliche Erstveröffentlichungen im Original auf meinem Altar) sofort gefangen nehmen. Auch wenn das Cover diesmal nicht ganz so eindrucksvoll daher kam, erklärt das herrlich dunkelblaue (es gibt wohl zwei unterschiedliche Versionen) schlichte Bild die Stimmung der Musik. Und dann diese traumwandlerische Eröffnung.
'Ashes' ist selbst im Psychotic Waltz-Kosmos eine hoch betörende Droge. 

Mittwoch, 27. Dezember 2017

Oldboy

Oldboy
Regie: Park Chan-wook, 2003

Dieser Film ist schlicht und ergreifend eines der größten Filmmeisterwerke des 21. Jahrhunderts. Chan-wook Park hat hiermit einen meiner 3 Lieblingsfilme erschaffen. Der originelle Plot, der sich bis zum explodierenden Finale durch gewaltige Bilder, hypnotisierende Musik und meisterhafte Kameraschwenks mehr und mehr in die Höhe katapultiert, ist so gut, dass mir immer noch die passenden Worte fehlen.
Min-sik Choi liefert hier eine denkwürdige Leistung ab. Seine Mimik und Gestik ist selbst für asiatisches Kino einmalig. Dabei gibt es neben den Rachefantasien, Gewaltausbrüchen und Kampfszenen, die erst gar nicht versuchen, den Film damit zu ersticken, sondern sehr dosiert und stilsicher verwendet werden, unglaublich viele schöne Momente. Als Oh Dae-su z.B. im Bett seiner "Zelle" liegt und die Kamera nach rechts fährt, sich dabei das Bild in eine andere Landschaft verwandelt und er aus einem Koffer klettert. Oder wie die unglaublich zuckersüße Mi-do von Einsamkeit spricht und die Szene plötzlich in eine leere Bahn übergeht, wo sie alleine mit einer übergroßen Ameise sitzt. Das sind so diese Momente, die den Film weit über das hinaustragen, als was er eigentlich angesehen wird.
Dann gibt es natürlich auch noch solche Brandmarken wie die berühmte Szene im Sushi-Restaurant, wo ein lebendiger Kalmar von Min-sik Choi verspeist wird oder die Kampfszene vor dem Fahrstuhl, die ohne Schnitt auskommt. Die Reduzierung auf einen Rachethriller halte ich für unangebracht, es ist auch gleichzeitig ein (versteckter) Liebesfilm, der mich auch heute wieder ein paar Tränen gekostet hat. Neben den grandiosen Dialogen und dem Monolog von Oh Dae-su, nimmt auch die Musik einen großen Platz im Film ein. Park versteht es mit diesem Mittel umzugehen wie ein Kubrick. Besonders das Herzstück 'The Last Waltz' gehört mit zu dem schönsten Moment der Filmwelt. Es ist eines dieser epischen Großwerke, die nur alle paar Jahre im Kino auftauchen (ähnlich wie bei dem 1 Jahr früher erschienenen "Cidade de Deus"), wo Regie, Kamera, Story, Tempo, Schauspiel, Musik, Benommenheit und Schönheit ineinandergreifen und noch lange nach dem Ende alles im Kopf bleibt.
Dies liegt auch zu einem großen Teil am Ende, welches so monströs einwirkt, wie es mir in dieser Art davor und danach bis heute nie wieder widerfahren ist. Ich könnte suchen wie ich will, ich finde keinen einzigen Schwachpunkt an diesem Meisterstück. Park gehört schon lange zu meinen Lieblingsfilmemachern, auch wenn er inzwischen ein paar durchschnittliche Werke abgeliefert hat, hat er mit "Oldboy" einen Meilenstein des (asiatischen) Kinos erschaffen, der mit Sicherheit in ein paar Jahrzehnten eine ähnliche Wichtigkeit haben wird, wie die großen Kurosawa-Klassiker.

Dienstag, 26. Dezember 2017

Leviathan

Leviathan
Regie: Lucien Castaing-Taylor, Véréna Paravel, 2012

Was der Film bewirkt, kann und ist:
- 3D? So nah und intensiv am und im Geschehen, ist man in keinem 3D-Film, nicht heute und auch nicht in der Zukunft! Der Film degradiert dieses "hippe Phänomen" mit seiner perfekten Bildhandwerkskunst zu einem Runaway.
- Dieser unfassbare SOUND! So nervenzehrend und abgrundtief einschüchternd wie das langsame Ertrinken auf dem Ozean. Habe ich so noch bei keinem "normalen" Film erlebt.
- Ich könnte mir vorstellen, dass der Film bei einigen Leuten die Seekrankheit heraufbeschwören kann - das Kino/Sofa wird zum stinkenden Meereskutter.
- Es werden Bilder gezeigt, die von der Intensität und der (Nach)Wirkung sehr lange im Kopf bleiben, um nicht zu sagen, dass die Bilder sogar eingebrannt werden. Ein fröhliches Würgen könnte beim Genuss der Bilder ein ständiger Begleiter sein. Die "Szene" mit den Plattfischen z.B. hat mich extrem geschockt.
- Der Schnitt ist phänomenal!
- Keine Dialoge, keine Musik (obwohl man in dem donnernden Maschinen- und Natursound tiefschwarze Ambientsounds erkennen möchte).
- Der Film regt zum Nachdenken an und zeigt die ungeschönte Realität auf dem Meer. Es wird weder kommentiert noch mit dem Finger gezeigt. Es gibt nur Bilder und Sound, Mensch/Natur.