Blog heiraten

Sonntag, 28. Januar 2018

The Doors - Waiting For The Sun

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Sechs Alben mit Morrison, sechs Alben, die fest im Rockolymp verankert sind. Neben "Strange Days", "Morrison Hotel" und dem Debüt ist es besonders "Waiting For The Sun", welches mich am meisten in der Schaffensphase der Band beeindruckt.
Songperlen wie 'Summer’s Almost Gone', 'Hello, I Love You', 'Spanish Caravan' oder mein Doors-Liebling überhaupt 'Not to Touch the Earth' sind nach wie vor großartige Rocksongs. Und Kriegers Gitarrenspiel gehört unbestritten zu den ungewöhnlichsten Erscheinungen an diesem Instrument. Zusammen mit Manzareks Orgelkasten ergibt dies den typischen Grundsound der Doors. Neben den Beatles die wichtigste und einflussreichste Musiktruppe der 60er Jahre, auch ohne Hokuspokus-Flair um Jim Morrison und musikalischer Obduktion meinerseits.

Freitag, 26. Januar 2018

Deathspell Omega - Fas - Ite, Maledicti, in Ignem Aeternum

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Kennt ihr das? Man ist in ein Album so verliebt und möchte der ganzen Welt beschreiben, wie grandios und mächtig die Musik ist, findet aber nicht mal ansatzweise die dafür passenden Wörter, dem Werk wenigstens annähernd gerecht zu werden.
Man macht sich eigentlich nur selber etwas vor und weiß genau, dass das eigentlich Stuss ist, was man da gerade geredet oder geschrieben hat.
Fällt mir eigentlich nie besonders schwer, ist aber bei "Fas - Ite, Maledicti, in Ignem Aeternum" genau der Fall. Drei Reviews hatte ich bereits verfasst, alle drei sind wieder in dem virtuellen Papierkorb gelandet. Ich habe mich selber geschämt und mir Leibesstrafen zugefügt, nicht die richtigen Wörter und Sätze gefunden zu haben und habe es dann aufgegeben und eingesehen, dass es bei diesem Monster einfach keinen Sinn hat.
Musikalische Abgründe, Seelenpein, geordnetes Chaos und lustvolle Schmerzen - ein Fest für die schlechten Momente im Leben. Droge, Ritual, Moloch Angst und Fiebertraum - Gewürz des Lebens. Es ist verrückt, sinnlos Wörter aneinander zu reihen, versuchen zu beschreiben, zu verstehen und zu verarbeiten. Das Album kann nicht erklärt werden, es ist nichts weiter als ein unendliches Schwarzes Loch, ein Strudel in die Finsternis. Wie oft ich dieses Album drei, viermal hintereinander gehört habe, immer wieder gelähmt war und einfach nicht begriffen habe, was eigentlich gerade passiert ist.
Ich wollte das Album aber hier noch mal anpreisen, wachrütteln und zur Messe rufen. Es gibt nichts besseres oder vergleichbares, als sich mit dem Kopfhörer dieses Werk alleine in einem kalten, dunklen Keller anzuhören.
Mehr habe ich nicht zu sagen und langsam geht mir hier im Keller der Akku aus.
Wer das Wort Black Metal vermisst, hat leider nichts verstanden.

Sonntag, 21. Januar 2018

Acid Bath - When The Kite String Pops

Acid-Bath-When-The-Kite-String-Pops

Dieser Underground-Klassiker von 1994 besitzt, genau wie der prächtige Nachfolger "Paegan Terrorism Tactics", einen ureigenen NOLA-Sound, eine einzigartige Stimmung.
Grob als Sludge zusammengefasst, bietet der einzigartige Sound von Acid Bath Ausflüge in Grindcore, Death Metal, Doom oder auch Stoner Rock, teilweise sogar in massiv unterschiedlichen Songs.
Es ist das gewaltige Gebräu aus hasszerfressenden Texten, Terroratmosphäre, zerbrechlichen Songs und Gewaltschüben, was die beiden Alben auf einer anderen Ebene schweben lässt. Die zitternde und bestialische Gesangsdarbietung von Dax Riggs in Kombination mit den Fallout-Gitarrenriffs und dem unkontrollierten Schlagzeugchaos ergeben eine hoch ätzende Mischung, die den typischen Acid Bath-Sound erzeugen. Trotz der selbstzerstörerischen negativen Grundstimmung, das ständige Gefühl von Unbehagen, erzeugt "When The Kite String Pops" einen unwiderstehlichen Sog.
Es gibt auch zwei Songs, an die man sich klammern kann, um nachhaltig in die finstere Suppe furchtlos komplett einzutauchen. 'Finger Paintings of the Insane' und 'Scream of the Butterfly' sind die beiden "Hits" auf dem Album, um die ein wahrhaft finsterer Trip in die Abgründe der menschlichen Psyche ausgeschieden wurde.
"When The Kite String Pops" ist nicht nur ein Stimmungskiller, sondern eine verzweifelte Gallewolke für alle Wutgrummler.

Dienstag, 16. Januar 2018

Léon

Leon
Regie: Luc Besson, 1994

Léon gehört wohl zu den von mir am meistgesehenen Filmen meiner Jugend und gestern Abend hat mir die schwarze Steelbox aus dem verbogenen Regal zugezwinkert.
Kurzerhand habe ich mit Liebe den Film in die Betamax-Maschine geschoben.
Nun, der Film ist mittlerweile über zwanzig Jahre alt, Natalie Portman ist nicht nur zu einer wunderhübschen Frau herangewachsen, sondern gehört zu den besten weiblichen Schauspielerinnen der aktuellen Dekade und über Oldman und Reno muss man wohl keine Worte mehr verlieren.
Über zwanzig Jahre - und der Film schwebt immer noch wie eine gewaltige Gewitterwolke über den ganzen Mickey-Maus-Bullshit, welcher danach aus diesem Genre kam.
Luc Besson hatte vorher schon mit “Subway“, “Le Grand Bleu“ und dem eiskalten und düsteren “Nikita“ rohe Diamanten abgeliefert, aber was er 1994 mit Léon geschaffen hat, ist nichts weiter als ein herausragender und im Gedächtnis bleibender Klassiker der Neunziger.
Der schüchterne Reno verkörpert für mich den vielleicht großartigsten Killer der Kinogeschichte, sein Gegenüber (Oldman) ist sogar noch einen Tick großartiger, wenn er Pillen schluckt, Beethoven hört und beim Fluchen sein Kopf zu explodieren droht. Wie Oldman da in seiner Rolle aufgeht! Das alleine ist schon übernatürlich gut inszeniert und gespielt, aber Besson erzählt noch eine rührende und knallharte Geschichte, spannend, interessant und liebevoll ausgearbeitet.
Und dann wäre da noch die bezaubernde Natalie Portman - komplette Traumbesetzung und die Leistung dieser drei Schauspieler ist einfach ganz fantastisch.
Es fällt mir wirklich kein einziger ähnlicher Film ein, der auch nur annähernd danach wieder so intensiv und spannend inszeniert wurde, in dem Story, Schauspiel und Bilder 100% zusammenpassen. Leider muss man auch erkennen, dass wohl solche (gewagten und schonungslosen) Filme, man denkt nur mal an die Hinrichtung der Familie inkl. Kind und die Beziehungsgeschichte um Reno und Portman, nie wieder gedreht werden. Dass man sich Zeit nimmt, tolle Figuren präsentiert, spannend und intensiv erzählt, mutig ist, Bilder, die für die Ewigkeit bestimmt sind, wo Action noch wirklich Action ist und man nicht ständig und immer wieder die gleichen und austauschbaren und auf Massengeschmack getrimmten Gesichter sieht, sondern kantige, raue, nicht wirklich “hübsche” (bis auf Portman) Charaktere, die aber im Kopf bleiben.
Ein perfektes Märchen, von Besson unglaublich sicher und überragend inszeniert und drei Schauspieler, die in dem Film dafür sorgen, dass man diesen Film einfach nicht vergisst.
Ich vermisse solche Filme heutzutage wirklich sehr.

Sonntag, 14. Januar 2018

Slayer - Seasons In The Abyss

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Ich war nie der große Slayer-Fan, Thrash Metal ist auch nicht wirklich meins, deswegen vergöttere ich auch kein "Reign in Blood", welches wohl allgemein als eines der 10 größten Heavy Metal Alben angesehen wird, mir aber nicht viel hergibt.
Allerdings hat sich die Band nach den ersten drei Holterdipolter-Alben in eine ernstzunehmende Bestie verwandelt, die ihre Fratze zwar schon auf "Reign in Blood" aufblitzen ließ, aber erst mit "South of Heaven" aus dem Limbus empor stieg. Zusammen mit "Seasons in the Abyss" sind es auch genau diese beiden Werke, die richtig gut sind - und zwar durchgehend. Endlich kamen Strukturen zu den Songs hinzu, das Tempo wurde massiv gedrosselt - dadurch wurde die Musik bei weitem brutaler und drückender und die Songs waren beeindruckende Riffgebilde, die durch die Hanneman- und King-Riffs Eruptionen in der Musiklandschaft erzeugten und riesige Pockennarben hinterließen. Um die Mutti im besoffenen Zustand zu karnickeln, ist dieses Album wie geschaffen.

Emperor / Enslaved - Emperor / Hordanes Land

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Die damals noch sehr jungen Bands EMPEROR und ENSLAVED waren Anfang der Neunziger die wohl interessantesten und aufstrebendsten Bands der zweiten Black Metal-Welle.
Beide Bands grenzten sich bereits mit ihren ersten Demo-Veröffentlichungen von der norwegischen Black Metal Szene ab.
EMPEROR benutzten Keyboards um ihren majestätischen Sound noch ausdrucksstärker zu gestalten, damals eine absolute Seltenheit.
ENSLAVED hingegen komponierten epische aber zugleich rasend-wilde Songs, die die 10-Minuten Grenze locker überschritten.
Mit ihren jeweiligen EPs “Emperor“ und “Hordanes Land“ aus dem Jahr 1993, erschufen die baldigen Szenen-Größen die beiden Sternstunden der zweiten Black Metal-Welle.
Ein paar Monate später veröffentlichte Candlelight Records die zwei Werke zusammen als eine tonnenschwere Kult-Split-EP und bis heute gilt diese Veröffentlichung innerhalb der Szene als eine der bedeutendsten und richtungweisenden Veröffentlichung der Black Metal Szene.
Eröffnet wird diese Split-EP von EMPERORs erster EP “Emperor“, welche 4 Songs enthält und schon vorwegnimmt, was das 1 Jahr später veröffentlichte Album “In The Nightside Eclipse“ in der Black Metal Szene auslöste.
’I Am The Black Wizards’, bis heute einer der zehn wichtigsten Black Metal Songs aller Zeiten, präsentiert eine unglaublich talentierte junge Band, die musikalisch Bands wie MAYHEM, BURZUM, DARKTHRONE oder IMMORTAL meilenweit hinter sich ließ.
Eine solche kompositorische Raffinesse war damals ein Novum in der Szene. Wilde majestätische Raserei trifft auf epische Keyboardflächen und abwechslungsreiches Songwriting.
Die Stimme von Ihsahn gehörte ab sofort zu der markantesten der gesamten norwegischen Szene, die betörenden, niemals aufdringlichen Keyboards waren da nur das i-Tüpfelchen.
Mystisch und geheimnisvoll tönen die 4 Songs, spannend, wild und gnadenlos entschlossen den schwarzen Thron an sich zu reißen.
Jeder der 4 Songs besitzt eine unglaublich magische Aura, vielleicht liegt es an dem ungeschliffenen Sound, dem jugendlichen Fanatismus oder einfach nur an der Gabe, dass EMPEROR in der Lage waren, grandiose Songs zu schreiben an der jede Black Metal Band zu dieser Zeit gemessen werden musste.
Alleine aus ‘Cosmic Keys to My Creations and Times’ hätte damals jede norwegische Black Metal Band ein ganzes Album füllen können, EMPEROR hingegen komponierten jede Menge solcher grandiosen und bis heute einmaligen schwarzen Hymnen.
Das EMPEROR 1994 mit ihrem lang erwarteten Debüt “In The Nightside Eclipse“ endgültig Black Metal Geschichte schrieben und eines der zehn wichtigsten Werke dieser Szene ablieferten, ist heute bereits schon eine alte Geschichte.
Auch heute noch gehört “Emperor“ zu den inspirierendsten und wichtigsten Veröffentlichungen für junge Black Metal Bands, EMPEROR hingegen gelten unter Szenenkenner als die vielleicht beste, mit Sicherheit aber als die kreativste Band der zweiten Black Metal Welle.

Noch beeindruckender ist ENSLAVEDs Beitrag “Hordanes Land“, welches 3 überlange Songs enthält.
Auf “Hordanes Land“ hinterließen ENSLAVED ein nie wieder erreichtes Klangbild. Eine Kraft, die man auf keines der beeindruckenden Alben der Band wiederfand.
ENSLAVED erschufen barbarische Stürme, begründeten den sogenannten Viking Metal, der heute dank ausgestoßener finnischer Zirkusmutanten zu einem der größten Geschwüre der Heavy Metal Szene herangewachsen ist.
Viking Metal hat bei ENSLAVED nichts mit Akkordeon, Volksmusikanten-Keyboards und stumpfe Hüpfrhythmen zu tun. Genauso wenig wurden Texte, Symbolik, Cover oder ein unerträglich übertriebenes und lächerliches Odin-Image über die Musik gestellt.
Die Musik der frühen ENSLAVED ist ungestüm, roh, kalt, barbarisch rasend, wild und das Wichtigste, sie ist absolut ehrlich!
Zugleich wird eine unglaublich intensive Atmosphäre in den 3 Songs erschaffen.
Besonders herausragen ist dabei ‘Slaget I Skogen Bortenfor (Epilog / Slaget)’, für mich der intensivste und grandioseste Song den ENSLAVED in ihrer langen Karriere komponiert haben.
Mit welcher Entschlossenheit hier ein Sturm aus unglaublich sägenden und fauchenden Riffs kreiert wurde in Kombination mit Tryms unfassbarem Hochgeschwindigkeits-Drumming und den dezenten Keyboardflächen, wurde bis heute von keiner Band wieder erreicht.
Auch hier kann man ohne zu überlegen behaupten, dass dieser Song zu den wichtigsten Eckpfeilern der zweiten Black Metal-Welle zählt.
Wenn man ehrlich ist, erschaffen ENSLAVED eine noch viel intensivere und majestätischere Atmosphäre als EMPEROR.
Besonders Grutles mit viel Hall unterlegtes aggressives und markerschütterndes Gekreische gehört zu den besten Leistungen der Black Metal Szene.
’Allfáðr Oðinn’ reiht sich gleich hinter ‘Slaget I Skogen Bortenfor (Epilog / Slaget)’ zu einem weiteren Klassiker ein.
Das abschließende ‘Balfár (Andi Fara / Prologr)’ ist vielleicht das fieseste und mitreißendste Stück von ENSLAVED.
Keine andere Band (vielleicht noch HADES und frühe HELHEIM) konnte jemals diesen Sound wieder aufgreifen, selbst ENSLAVED schafften es nie wieder so einen Sturm zu entwickeln.
Heute gelten ENSLAVED als eine der anspruchsvollsten Extrem Metal Bands aus Skandinavien, variierten ihren Sound fast auf jeder Veröffentlichung und entwickeln sich stets weiter.
Die eindrucksvollste und bedeutendste Veröffentlichung neben dem “Frost“ Album von 1994, ist und bleibt aber “Hordanes Land“ - für mich das Denkmal des ursprünglichen Viking Metal.
EMPEROR und ENSLAVED gelten als die musikalisch besten Bands der zweiten Black Metal Welle, dies konnte man bereits zu Beginn ihrer Karriere auf vorliegendem Tondokument demütig feststellen.

Donnerstag, 11. Januar 2018

The Beatles - Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band

The-Beatles-Sgt.-Pepper's-Lonely-Hearts-Club-Band

Muss man wirklich noch über dieses Werk Worte verlieren?
Ein Album, welches wie kein anderes für die Entwicklung der Popmusik hin zu komplexen und durchdachten Kreativsongs steht. Bereits der Vorgänger "Revolver" vereinte quasi schon alles, was 1967 in Vollendung perfektioniert wurde. Die Musik wurde endlich erwachsen, die (Pop)Songs dienten nicht nur zur Unterhaltung, sondern verlangten von dem Hörer mehr: Konzentration, Hingabe, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Liebe und Begeisterung. Es ist um so erstaunlicher, dass die Beatles mit ihren durchschnittlichen zweieinhalb Minuten Songs wahre Leitfäden in Sachen Songwriting, Arrangement, Melodieführung und Komplexität kreierten.
Auch die flüssigen Übergänge innerhalb der Songs waren von revolutionärer Bedeutung, das ganze Album hat einen unfassbaren Flow. Sicherlich gibt es einige merkwürdige Momente auf "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band", nicht jeder Song sitzt zu 100%, aber als Gesamtwerk betrachtet, ist es dieses Album, welches musikhistorisch betrachtet das zentrale und wichtigste Werk für die Entwicklung der Rock- und Popmusik darstellt. Der Einfluss ist eigentlich gar nicht mit Worten auszudrücken, man muss kein Fan sein, um zu erkennen, dass dieses Album zu den wichtigsten Weltereignissen der 60er Jahre gehört - und so etwas gab es in dieser Form danach nie wieder.

Montag, 8. Januar 2018

Halbe Treppe

Halbe-Treppe

Regie: Andreas Dresen, 2012

Der Film zeigt halb dokumentarisch zwei Ehepaare, die in Frankfurt (Oder) ihr tristes und eintöniges Leben führen. Beide Ehepaare sind miteinander befreundet, darunter Chris, der Radiomoderator und seine Frau Katrin, die beim Zoll an der polnischen Grenze arbeitet und Uwe, der eine Imbissbude betreibt und seine Frau Ellen, die in einer Parfümerie arbeitet.
Uwe und Ellen wohnen, stilecht und schick, in einer kargen Wohnblockgegend, haben sich nur noch wenig zu sagen, wobei Uwe sich voll und ganz für seinen Imbiss aufopfert und Ellen endlich eine neue Küche und eine Dunstabzugshaube in der (viel zu kleinen) Küche möchte.
Chris ist mit Katrin verheiratet, wobei er noch eine Tochter aus der ersten Ehe hat, die mit ihrem Freund einfach so in der Wohnung auftaucht ("das ist doch hier keine Absteige").
Es kommt zu einer Affäre zwischen Chris und Ellen und die vier Freunde stehen emotional vor dem Abgrund.
Eine richtige Geschichte gibt es nicht, die erzählt wird. Andreas Dresen zeigt nur den ganz normalen deutschen Alltag - und das so ausdrucksstark und gefährlich realistisch, wie ich es noch nie in einem deutschen Film gesehen habe. Die Schauspieler improvisieren eigentlich zu 90%, Vorgaben gab es wohl merklich nur wenige. Und das funktioniert so herrlich absurd und urkomisch, weil man das zu 100% kennt, es wird nichts als das wirkliche Leben in (Ost)Deutschland gezeigt.
Das hätte natürlich auch mächtig daneben gehen können, aber die fantastischen Hauptdarsteller, besonders der alles überragende und fürchterlich authentische Axel Prahl, liefern hier einfach glaubwürdig und lebensnah eine schlichtweg fantastische Leistung ab.
Unglaublich lustig ohne Gags und Klamauk, sondern getragen von Situationskomik und absurden Handlungen (die Suche im Wohnblock-Hinterhof nach Hans-Peter, dem entflohenen Wellensittich von Uwe und Ellen; der Besuch im Küchenstudio, wenn Uwe und Ellen die Rolltreppe hochfahren oder die ostdeutschen Dialoge und die Sprüche), dazu die tragischen Momente, Tristesse und Existenzängste - Dresen spricht manche Dinge aus dem Alltag und dem Irrsinn oft nur kurz an, lässt Raum für eigene Gedanken und lässt den Film locker/leicht, auch wenn er eigentlich eher tragisch ist, ablaufen.
Viele Situationen kenne ich zu genau, auch aus meiner Kindheit, kann mich voll mit den Hauptpersonen identifizieren und habe schon lange nicht mehr so herzlichst gelacht und mit den liebevollen Charakteren "mitgelitten". Durch und durch ein herrlich DEUTSCHER Film!

Sonntag, 7. Januar 2018

Lunar Aurora - Elixir of Sorrow

Lunar-Aurora-Elixir-of-Sorrow

LUNAR AURORA waren eine der ersten Bands, über die ich zum Black Metal gefunden habe. Den Weg von LUNAR AURORA verfolge ich bereits schon seit dem "legendären" Debüt "Weltengänger", welches 1996 veröffentlicht wurde und gleichzeitig auch eines der ersten Black Metal Alben war, das ich mir auch direkt in diesem Jahr ins Haus geholt hatte.
Damals war die Rede von dem wohl bisher besten Black Metal Album aus Deutschland.
Jung, naiv und mit geschwollener Brust, vertraute ich damals in jeder Anzeige, in jedem Review und in jeder Beschreibung der Mailorder diese Aussagen. Dass diese Aussagen zu 95% niemals das hielten, was sie versprachen, war mir damals noch eher egal, und somit war neben den ganzen neuen, aufregenden und spannenden Alben jede Menge Schund und Pein dabei, was ich allerdings meistens auch erst im fortgeschrittenen Alter nach und nach erkannt habe.
Solche üblen Bands wie AEBA, ANDRAS, DUNKELGRAFEN, MYSTIC CIRCLE und ähnliches Geröll und Müll wurden damals angepriesen, als gäbe es keinen Morgen mehr. Ausnahmen waren da die erträglichen EMINENZ (bis "Anti-Genesis"), FALKENBACH, die genialen NAGELFAR und BETHLEHEM und eben LUNAR AURORA.
Mit LUNAR AURORA hat es sozusagen begonnen, mein Interesse wurde geweckt und ich verlor mich immer weiter in dieser Musik. Alles was nach Black Metal aussah, wurde gekauft.
Neben dem Debüt von LUNAR AURORA kamen natürlich sofort und fast zeitgleich viele Klassiker (man hat sich ja auch nebenbei extrem belesen und überall informiert) dazu, die dem Album "Weltengänger" natürlich den Reiz nahmen. Somit beschäftigte ich mich mit ENSLAVED, IMMORTAL, EMPEROR, BURZUM, MAYHEM, DARKTHRONE, SATYRICON, LIMBONIC ART, ARCTURUS und HELHEIM und beachtetet lange Zeit "Weltengänger" überhaupt nicht.
Zudem hatte mich die Musik damals überhaupt nicht begeistern können. Bis auf den grandiosen Opener ‘Grabgesänge’, langweilte mich das Album eigentlich durchgehend.
2001 entdeckte ich LUNAR AURORA für mich komplett neu. Die beiden Nachfolger "Seelenfeuer" und "Of Stargates and Bloodstained Celestial Spheres" habe ich übersprungen und mir erst später nachgekauft.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren LUNAR AURORA für mich nichts weiter als eine durchschnittliche Black Metal Band aus Deutschland, die zwar schon erkennen ließen, dass sie sich deutlich von dem üblichen Schund abgrenzen, was sich damals im Underground aus Deutschland herumgetrieben hat, mich aber nicht gerade begeistern konnten.
2001 wurde "Ars Moriendi" veröffentlicht und LUNAR AURORA waren für mich eine komplett neue Band. Kalt, roh, komplex, brutal, eigenwillig, vernebelt, mystisch und mit den typischen LUNAR AURORA-Keyboards und Texten.
Das war eine andere Band wie auf den drei Vorgängern, eine Band die eigenständigen und verdammt erstklassigen Black Metal aus Deutschland produzierte.
"Ars Moriendi" ist bis heute das wohl urigste und ungeschliffendste Werk von LUNAR AURORA, komplett schwarz und betörend. Kleine Meisterwerke wie das wuchtige ‘Dämonentreiber’, das beängstigende und gespenstische ‘Kältetod’ mit seinen unterschwelligen Synths, das abgefuckte und reduzierte pechschwarze ‘Black Aureole’ (geh' ich heute noch kaputt, wenn der rotzige Taktwechsel einsetzt und die Snare so herrlich poltert) und natürlich ‘Geist der Nebelsphären’, sind bis heute Black Metal Perlen aus Deutschland.
Aber selbst dieses bereits fantastische Album verblasst gegen die Alben, die noch folgen sollten.
Und mit "Elixir of Sorrow" erschien 2004 dann auch ein wahres Meisterwerk.
Black Metal aus Deutschland hat mit diesem Album den meiner Meinung nach besten Beweis, dass LUNAR AURORA die wichtigste und beste Black Metal Band aus Deutschland waren.
Das ganze Album ist ein vollkommen schwarzer Strudel in die Dunkelheit, ein Orkan von hymnischen Songstrukturen, hasserfüllten Gitarrenriffs, zermürbenden Bassläufen, intensiven Synthflächen, trostlosen und kalten Melodien sowie interessanten Texten, die sich meilenweit von den üblichen Huldigungen von Satan, den einschläfernden Christenhass und dem neumodernen Suizidgeheule abgrenzten.
Wie von einem Nebel verschleiert, kommt der garstige und knurrige Gesang unaufdringlich aus dem Hintergrund der Musik. Wirre Taktwechsel, unerwartete Tempowechsel, Zwischenspiele, Samples, Raserei und rohe Eleganz bilden den natürlichen Sound, der durch eine unspektakuläre aber völlig passende Produktion abgerundet wird.
Schon das bedrohliche Intro ‘Einsamkeit und Dunkelheit’ mit seinen Chören und Samples, Tiergeräuschen, Beckenrasseln und düsteren Glockenschlägen erzeugt eine ganz eigene Stimmung, bevor es dann direkt in ‘Zorn aus Äonen’ übergeht. Hymnisch, kalt, rasend - ein perfekter Auftakt mit Keyboards, die direkt aus einer unbekannten Dunkelheit stammen. Schon fast spacig verdunkeln die vereinzelten Keyboardpassagen den stürmischen Auftakt.
’Augenblick’ erstreckt sich über 12 Minuten mit eigenwilligem Tempo, Taktwechseln und eigenartigen Gitarrenriffs, die eine Monotonie heraufbeschwören und trotzdem immer dabei eine gewisse Anmut ausstrahlen.
Mit ‘Kerkerseele’ geht es dann gerade mal eben in diesen. Dunkel, feucht, modrig rumpelt sich der Song durch knapp 7 Minuten. Wieder wird diese typische Stimmung erzeugt, die so eigen für LUNAR AURORA ist. Die Atmosphäre, die die Bayern erzeugen, ist das typischste Merkmal im Sound von LUNAR AURORA. Musikalisch ist die Musik hörbar reduziert, aber was mit den Instrumenten, Synths, Samples und dem Gesang in Verbindung mit dem Text erschaffen wird, ist so mitreisend, nimmt einen gefangen und besitzt eine berauschende Wirkung. Auch die kurzen Zwischenspiele tragen dazu bei.
Das alles überragende und mächtige ‘Hier und Jetzt’ ist vielleicht der für mich stimmigste und erhabenste Black Metal Song, den eine Band seit 1990 komponiert hat. Alleine der poetische und ausladende Anfang, der sich ganze viereinhalb Minuten Zeit lässt, bis der Gesang einsetzt, ist eines der mächtigsten und größten Ereignisse der Black Metal Szene.
Traumhafte Keyboards tanzen zusammen mit traurigen Gitarrenriffs und einem monotonen Schlagzeug in den Sonnenuntergang hinein. Und wenn die akustische Gitarre anfängt zu "singen", schwebt man förmlich in die Nacht hinein. Wer bei dem Song nichts fühlt, sollte gleich einen großen Bogen um LUNAR AURORA machen und am besten weiterhin die Finger vom Black Metal lassen.
Es sind solche Momente, solche Songs, die die Faszination auf mich ausüben, die ich so nur im Black Metal finde. Komplett frei von Hetze und dummen "lyrischen" Ergüssen, erzeugen die Rosenheimer eine knapp 12-minütige Gefühls- und Stimmungsabfahrt, die so ergreifend und direkt ist, dass man kaum noch Luft bekommt.
Und wenn dann dieser Monument von einem Black Metal Album mit so einem grandiosen Ambientstück wie ‘Irrlichter’ ausklingt, bin ich manchmal in der Lage zu behaupten, dass "Elixir of Sorrow" das beste Black Metal Album ist, welches in meinem Besitz ist.
An anderen Tagen ist es dann wieder "Zyklus" mit seinen vier eiskalten Epen (‘Der Abend’!), die mich schockgefrostet zurücklassen. So eine Kälte und Leere haben sogar die großen Norweger niemals produziert. Sogar das etwas "schwächere" "Mond" gehört immer noch mit zu den besten Black Metal Alben aus Deutschland.
Und die beiden Abgesänge der Band "Andacht" und "Hoagascht" haben einen Ehrenplatz in meinem Herzen. Jedoch unterscheiden sich diese beiden Werke extrem von der mittleren Phase der Band. Aber wenn man LUNAR AURORA beschreiben soll, kann man nur verzweifeln, denn eine der bedeutendsten Eigenschaften dieser Band, ist, dass kein Album wie das andere klingt. Jedes Werk hat seinen eigenen Sound, seine eigene Stimmung, seine eigenen Songstrukturen, sein eigenes Songwriting und seine eigene Atmosphäre.
Wer "Andacht" mag, kann mit Elixir of Sorrow" z.B. große Probleme haben.
Das Gesamtwerk von LUNAR AURORA gehört für mich zum Besten, was der Black Metal hervorgebracht hat und die Rosenheimer sind vielleicht sogar die wichtigste Black Metal Band für mich. Gerade deswegen fällt es mir auch so schwer, die Musik und das Besondere der Band in Worte zu fassen. Es ist auch eine sehr persönliche "Beziehung" mit der Musik von LUNAR AURORA, die ich auch nicht wirklich erklären kann. Vielleicht ist es auch diese ganze Maskerade, die bei LUNAR AURORA eben nicht stattfindet, diese Bodenständigkeit und diese Finsternis, die ohne Satan und Symbolik auskommt.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Neurosis - A Sun That Never Sets

Neurosis-A-Sun-That-Never-Sets

Neurosis sind in meinen Augen die wichtigste und bedeutendste "neumoderne" Metal-Gewalt. Seit dem Klassiker "Souls at Zero" von 1992, veröffentlichte die Band ein Meisterwerk nach dem anderen.
Nachdem der vorläufige Höhepunkt mit dem Monster "Through Silver in Blood" 1996 erreicht wurde, entwickelte sich die Band immer weiter und schlug immer öfter ruhigere (aber nicht minder gewaltige) Töne an, die mit dem meiner Meinung nach absoluten Meisterwerk der Bandgeschichte - und auch eines der Top 10 Alben der 00er Jahre, "A Sun That Never Sets" über die Perfektion hinaus eine musikalische Kernspaltung gebar.
Das von Steve Albini gottgleich in Szene gesetzte Album ist eine knapp 70-minütige Katharsis für alle hackfleischhassenden Zerhacker. Nie klang eine Gitarrenwand mächtiger, nie gab es maskulineren Gesang zu hören und nie wieder wurde ich so brutal in den Abgrund gezogen.
Die Gitarren von Scott Kelly und Steve Von Till auf diesem Werk sind in meinen Ohren das Nonplusultra, was an Macht und Zerstörung in diesem Genre bisher erzeugt wurde.
Eine Anhäufung von Männerriffs und schmerzenden Harmonien, die den Weltniedergang herbeirufen. Alleine das eröffnende Trio 'Erode', 'The Tide' und 'From The Hill', welches 20 Minuten lang ein Gefühlsuniversum aufbaut, aus dem man nicht mehr ausbrechen kann, vergiftet jegliche Hörgewohnheit.
"A Sun That Never Sets" besitzt nur solche Momente, es ist ein Eigenleben, ein Großereignis für das Nervensystem - schlicht der gewaltigste und intensivste Output mit lauten Gitarren und Energie nach der Jahrtausendwende.

Dienstag, 2. Januar 2018

Tom Waits - Swordfishtrombones

Tom-Waits-Swordfishtrombones

Kurz: Tom Waits gehört als einer der bedeutendsten Musiker unserer Zeit in jedes Lexikon. Seine bis heute regulären 16 Studioalben sind untereinander schon so unterschiedlich, vielseitig, entdeckungsfreudig, anspruchsvoll und auch des Öfteren (sehr) schwierig, eigenwillig, hässlich und wohltuend unkonventionell, dass man alleine über jedes einzelne Werk Nachschlagewerke niederschreiben kann.
Ähnlich wie David Bowie, auch wenn der Vergleich stark stinkt, ist Herr Waits ein musikalisches und bissiges Chamäleon, für den es keine Grenzen gibt. Polka, Jazz, Avandgarde, Rock, Folk, Blues, Zamzara - all das und noch viel mehr kann man in der großen Waits-Welt für sich entdecken und lieben lernen.
Es gibt so zwei, drei "eingängige" und leichte Einsteigerrabatte wie sein wohl bekanntester Klassiker "Rain Dogs" oder das traumhafte Debüt "Closing Time", doch die wirklich dicken Fettaugen in der Waitssuppe, findet man nur, wenn man sich wirklich intensiv auf die Musik UND auf die Lyrik/Geschichten (ist bei Herrn Waits von höchster Wichtigkeit!) einlässt und darin versinkt. "Swordfishtrombones" gehört für mich dabei zu seinen besten Arbeiten aus den Achtzigern, wobei es immer schwer ist bei Tom Waits seinen Liebling herauszufiltern.
Tom Waits ist neben Frank Zappa der mir einzig bekannte Musiker, der es zu "Weltruhm" geschafft hat, obwohl man sich seine Musik (hart) erarbeiten muss. Der letzte große noch lebende Künstler der Musiklandschaft?

Montag, 1. Januar 2018

Pungent Stench - For God Your Soul... For Me Your Flesh

Pungent-Stench-For-God-Your-Soul...-For-Me-Your-Flesh

Wenn es um die kultigsten Death Metal Alben aus unserem Zeitalter geht, spielt das Debüt-“Schandwerk“ von PUNGENT STENCH eine ganz bedeutende Rolle.
PUNGENT STENCH waren der Dreck unter den Fingernägeln der europäischen Death Metal Szene, die abscheulichen Österreicher mit den widerlichen Covern und den nicht zumutbaren Texten.
Die Österreicher haben mit ihren Alben “For God Your Soul... For Me Your Flesh“, “Been Caught Buttering“ und mit Abstrichen “Club Mondo Bizarre - For Members Only” (auf diesem Werk wird nur noch marginal traditioneller Death Metal geboten) einzigartige Assiwerke des räudigen Death Metal auf die Menschheit losgelassen, die bis heute einen völlig eigenen Charme besitzen.
Nach der Kult-Split mit DISHARMONIC ORCHESTRA und der “Extreme Deformity“ EP, lieferten PUNGENT STENCH mit “For God Your Soul... For Me Your Flesh“ ein Werk ab, dass zu den klassischsten und typischsten Death Metal Alben gehört, die jemals in diesem Genre entstanden sind.
Pungent-Stench-Extreme-Deformity
Cover, Texte und Image gingen Hand in Hand und bescherten der Band große Zensurprobleme, die dadurch aber nur noch bekannter wurde.
Nur wenige Bands haben Death Metal so minimal und reduziert gespielt wie PUNGENT STENCH, die Songs kratzen so sehr an der Grenze der Primitivität, dass diese eigentlich gar nicht mehr vorhanden ist.
Es rumpelt wo es nur geht, die Gitarre ist wunderbar dreckig, der Schlagzeuger spielt gekonnt die einfachsten Takte, und Martin Schirencs rülpsende Grunzlaute lassen das Herz des schlechten Geschmacks höher schlagen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bands zu dieser Zeit haben sich PUNGENT STENCH nie richtig ernst genommen, übertrieben es komplett mit den absurden und in dieser Form nie wieder erreichten Splattertexten und haben mit “For God Your Soul... For Me Your Flesh“ - ein kruder Mix aus Grindcore, Death Metal und leichten Punkeinschlag, ein morbides Meisterwerk des ganz schlechten Geschmacks abgeliefert.
Klassiker wie ‘Just Let Me Rot’, ‘Suspended Animation’, ‘Bonesawer’ oder ‘For God Your Soul ... For Me Your Flesh’ machen immer noch Spaß und sind, wie auch die restlichen Songs, einzigartige Zeitzeugnisse der frühen 90er Death Metal Welle.
PUNGENT STENCH haben mit den einfachsten Mitteln und dem gewissen österreichischen “Humor” einen einzigartigen Death Metal Klassiker veröffentlicht, der bis heute zu den Höhepunkten der Death Metal Szene zählt - auch wenn man musikalisch natürlich nichts erwarten sollte, ist diese ungeschliffene Attacke ein unglaublicher Faustschlag in den Magen und “beschreibt” wie kaum ein anderes Album aus der Zeit die klassische Death Metal Welle der frühen Neunziger.
Nie haben Blut, Sperma, Eiter, Erbrochenes, Kot und Urin zusammen so unglaublich asozial geklungen.

Cultes Des Ghoules - Henbane

Cultes-Des-Ghoules-Henbane

Sind wir ehrlich, "Henbane" war das nächste große Monument im Black Metal seit “Anthems to the Welkin at Dusk“, “OM“, "Fas - Ite, Maledicti, in Ignem Aeternum", "The Work Which Transforms God", "Thorns" und vielleicht noch "Rain upon the Impure" - ein astrales Wunder der Nacht.
Hier wird erst gar nicht versucht musikalisch zu überzeugen, Experimente unterzubringen und mit aufgeblasenem Hompelpompel zu blenden. Musik für doofe Menschen wie mich, in der ich mich komplett verliere. Macht, Finsternis, Unbehagen, Schmerz und Pein, lebendiger Geisteswahn und Gestank.
Cultes Des Ghoules ist hässliche Musik, unsauber gespielt, unromantisch produziert, hoffnungslos schrullig und zu tief in der Vergangenheit grabend, anstrengend und unepisch episch.
Oh Freude, oh Herrlichkeit, das ist Black Metal, Intensität bis auf das Knochenmark.
Gesanglich war das die “beste Leistung” 2013. Mortuus wird im Irrenhaus von Jerusalem in einer Zwangsjacke von Mel Gibson getauft und Xavier Naidoo versucht ihn dabei durch das Einstimmen seiner Lieder seelisch zu beruhigen. Danach wird er in den polnischen Ostblock in das Jahr 1983 gebeamt. Der Fluxkompensator hat alles möglich gemacht und bei der Taufe das Elend und die Qual der Stimme aufgezeichnet. Perfekt!
Das ist übertrieben gut, was da gesanglich auf diesem Werk abgeht. Mein ganzer Respekt für eine solche kreative, schon fast theaterhafte Leistung. Muss man hören und fühlen, kann man eben nicht beschreiben. Marek Górecki muss eindeutig Satans persönlicher Hofdichter sein. Denkmalschutz für diese Gesangsaufnahme!
Dann diese stumpfen Riffs, die sich durch den Sound fressen. Dieser fiese Gitarrensound, stumpf, roh, leblos, brodelnd, kaputt und staubig. Schlaghand und Wechselgequietsche ist zudem auch deutlich zu hören, so muss das. Und dieser furchterzeugende Bass, der die ganze Zeit lauert. Mal im Vordergrund, dann wieder bestimmend im Hintergrund - aber immer ist er anwesend, glotzt einen mit dämonischer Fratze des Nachtmahres an, richtig fürchterlich. Und immer wieder diese derbe pappige Snare.
Die Produktionskosten lagen bestimmt bei 13 Zloty, mehr braucht's auch nicht. Mit 13 Zloty mal eben den besten Sound seit "Under a Funeral Moon" erschaffen.
Übelkeit, Fieber, schlimme schweißgebadete Alpträume, juckende Pickel, Eiterbläschen und eine saftige Vorhautverengung bekommt man von diesem Sound.
Mit "The Passion of a Sorceress" hat man auf dem Black Metal Album dieses Jahrzehnts einen der zehn besten Black Metal Songs der letzten 20 Jahre festgehalten.
Danke, Mel Gibson und Xavier Naidoo, dass es euch gibt!
Und das letzte Mal, als ich so klein unter dem Kopfhörer geworden bin, war bei der nächtlichen Entjungferung durch "The Work Which Transforms God", welches mich damals (und heute immer noch) ängstlich unter dem Bett nachschauen lies, als die Musik eines Irren die schwarze Nacht zu einem schweißgebadeten Fiebertrauma entzündete.
Das war so ein Moment, wo ich es nicht wagte, die Schlafzimmertür offen stehen zu lassen und mich in die Mitte von meinem Bett bewegte, um dann in absoluter Angststarre den halboffenen und auf einmal fürchterlichen Kleiderschrank anzustarren, während mir bei einer Nachttemperatur von 6°C listig ätzende Schweißbäche die Augen überreizten.
Hat sich da gerade etwas in dem Kleiderschrank bewegt? Mein Patrick Star-Schlafanzug war komplett durchnässt und vermochte es nicht mehr, den maskulinen Schweißfluss von 10 Bauarbeitern aufzunehmen. Mir war heiß und kalt. Der saure Schweiß verdampfte kühl und Schweißdampf vermischte sich mit einer anderen gelben Flüssigkeit, leicht bitter und stechend in der Nase, wodurch eine Laache, nein, eine Tunke des Ekels entstand, in der ich mich hin und her wälzte. Aber nach dem dritten Mal machte es Spaß, ein Fetisch wurde in mir geboren.
Und genau so einen ähnlichen, denkwürdigen Moment habe ich mit "Henbane" durchlebt.
Da mag mir noch mal einer sagen, Black Metal ist was für Loser, Bettnässer, pickelige Scheiteldeutsche, Ranzgruppen, Ü-30 Jungfrauen und Lehrer.
Das ist er, der große Black Metal Klassiker dieser Dekade!