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Sonntag, 7. Januar 2018

Lunar Aurora - Elixir of Sorrow

Lunar-Aurora-Elixir-of-Sorrow

LUNAR AURORA waren eine der ersten Bands, über die ich zum Black Metal gefunden habe. Den Weg von LUNAR AURORA verfolge ich bereits schon seit dem "legendären" Debüt "Weltengänger", welches 1996 veröffentlicht wurde und gleichzeitig auch eines der ersten Black Metal Alben war, das ich mir auch direkt in diesem Jahr ins Haus geholt hatte.
Damals war die Rede von dem wohl bisher besten Black Metal Album aus Deutschland.
Jung, naiv und mit geschwollener Brust, vertraute ich damals in jeder Anzeige, in jedem Review und in jeder Beschreibung der Mailorder diese Aussagen. Dass diese Aussagen zu 95% niemals das hielten, was sie versprachen, war mir damals noch eher egal, und somit war neben den ganzen neuen, aufregenden und spannenden Alben jede Menge Schund und Pein dabei, was ich allerdings meistens auch erst im fortgeschrittenen Alter nach und nach erkannt habe.
Solche üblen Bands wie AEBA, ANDRAS, DUNKELGRAFEN, MYSTIC CIRCLE und ähnliches Geröll und Müll wurden damals angepriesen, als gäbe es keinen Morgen mehr. Ausnahmen waren da die erträglichen EMINENZ (bis "Anti-Genesis"), FALKENBACH, die genialen NAGELFAR und BETHLEHEM und eben LUNAR AURORA.
Mit LUNAR AURORA hat es sozusagen begonnen, mein Interesse wurde geweckt und ich verlor mich immer weiter in dieser Musik. Alles was nach Black Metal aussah, wurde gekauft.
Neben dem Debüt von LUNAR AURORA kamen natürlich sofort und fast zeitgleich viele Klassiker (man hat sich ja auch nebenbei extrem belesen und überall informiert) dazu, die dem Album "Weltengänger" natürlich den Reiz nahmen. Somit beschäftigte ich mich mit ENSLAVED, IMMORTAL, EMPEROR, BURZUM, MAYHEM, DARKTHRONE, SATYRICON, LIMBONIC ART, ARCTURUS und HELHEIM und beachtetet lange Zeit "Weltengänger" überhaupt nicht.
Zudem hatte mich die Musik damals überhaupt nicht begeistern können. Bis auf den grandiosen Opener ‘Grabgesänge’, langweilte mich das Album eigentlich durchgehend.
2001 entdeckte ich LUNAR AURORA für mich komplett neu. Die beiden Nachfolger "Seelenfeuer" und "Of Stargates and Bloodstained Celestial Spheres" habe ich übersprungen und mir erst später nachgekauft.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren LUNAR AURORA für mich nichts weiter als eine durchschnittliche Black Metal Band aus Deutschland, die zwar schon erkennen ließen, dass sie sich deutlich von dem üblichen Schund abgrenzen, was sich damals im Underground aus Deutschland herumgetrieben hat, mich aber nicht gerade begeistern konnten.
2001 wurde "Ars Moriendi" veröffentlicht und LUNAR AURORA waren für mich eine komplett neue Band. Kalt, roh, komplex, brutal, eigenwillig, vernebelt, mystisch und mit den typischen LUNAR AURORA-Keyboards und Texten.
Das war eine andere Band wie auf den drei Vorgängern, eine Band die eigenständigen und verdammt erstklassigen Black Metal aus Deutschland produzierte.
"Ars Moriendi" ist bis heute das wohl urigste und ungeschliffendste Werk von LUNAR AURORA, komplett schwarz und betörend. Kleine Meisterwerke wie das wuchtige ‘Dämonentreiber’, das beängstigende und gespenstische ‘Kältetod’ mit seinen unterschwelligen Synths, das abgefuckte und reduzierte pechschwarze ‘Black Aureole’ (geh' ich heute noch kaputt, wenn der rotzige Taktwechsel einsetzt und die Snare so herrlich poltert) und natürlich ‘Geist der Nebelsphären’, sind bis heute Black Metal Perlen aus Deutschland.
Aber selbst dieses bereits fantastische Album verblasst gegen die Alben, die noch folgen sollten.
Und mit "Elixir of Sorrow" erschien 2004 dann auch ein wahres Meisterwerk.
Black Metal aus Deutschland hat mit diesem Album den meiner Meinung nach besten Beweis, dass LUNAR AURORA die wichtigste und beste Black Metal Band aus Deutschland waren.
Das ganze Album ist ein vollkommen schwarzer Strudel in die Dunkelheit, ein Orkan von hymnischen Songstrukturen, hasserfüllten Gitarrenriffs, zermürbenden Bassläufen, intensiven Synthflächen, trostlosen und kalten Melodien sowie interessanten Texten, die sich meilenweit von den üblichen Huldigungen von Satan, den einschläfernden Christenhass und dem neumodernen Suizidgeheule abgrenzten.
Wie von einem Nebel verschleiert, kommt der garstige und knurrige Gesang unaufdringlich aus dem Hintergrund der Musik. Wirre Taktwechsel, unerwartete Tempowechsel, Zwischenspiele, Samples, Raserei und rohe Eleganz bilden den natürlichen Sound, der durch eine unspektakuläre aber völlig passende Produktion abgerundet wird.
Schon das bedrohliche Intro ‘Einsamkeit und Dunkelheit’ mit seinen Chören und Samples, Tiergeräuschen, Beckenrasseln und düsteren Glockenschlägen erzeugt eine ganz eigene Stimmung, bevor es dann direkt in ‘Zorn aus Äonen’ übergeht. Hymnisch, kalt, rasend - ein perfekter Auftakt mit Keyboards, die direkt aus einer unbekannten Dunkelheit stammen. Schon fast spacig verdunkeln die vereinzelten Keyboardpassagen den stürmischen Auftakt.
’Augenblick’ erstreckt sich über 12 Minuten mit eigenwilligem Tempo, Taktwechseln und eigenartigen Gitarrenriffs, die eine Monotonie heraufbeschwören und trotzdem immer dabei eine gewisse Anmut ausstrahlen.
Mit ‘Kerkerseele’ geht es dann gerade mal eben in diesen. Dunkel, feucht, modrig rumpelt sich der Song durch knapp 7 Minuten. Wieder wird diese typische Stimmung erzeugt, die so eigen für LUNAR AURORA ist. Die Atmosphäre, die die Bayern erzeugen, ist das typischste Merkmal im Sound von LUNAR AURORA. Musikalisch ist die Musik hörbar reduziert, aber was mit den Instrumenten, Synths, Samples und dem Gesang in Verbindung mit dem Text erschaffen wird, ist so mitreisend, nimmt einen gefangen und besitzt eine berauschende Wirkung. Auch die kurzen Zwischenspiele tragen dazu bei.
Das alles überragende und mächtige ‘Hier und Jetzt’ ist vielleicht der für mich stimmigste und erhabenste Black Metal Song, den eine Band seit 1990 komponiert hat. Alleine der poetische und ausladende Anfang, der sich ganze viereinhalb Minuten Zeit lässt, bis der Gesang einsetzt, ist eines der mächtigsten und größten Ereignisse der Black Metal Szene.
Traumhafte Keyboards tanzen zusammen mit traurigen Gitarrenriffs und einem monotonen Schlagzeug in den Sonnenuntergang hinein. Und wenn die akustische Gitarre anfängt zu "singen", schwebt man förmlich in die Nacht hinein. Wer bei dem Song nichts fühlt, sollte gleich einen großen Bogen um LUNAR AURORA machen und am besten weiterhin die Finger vom Black Metal lassen.
Es sind solche Momente, solche Songs, die die Faszination auf mich ausüben, die ich so nur im Black Metal finde. Komplett frei von Hetze und dummen "lyrischen" Ergüssen, erzeugen die Rosenheimer eine knapp 12-minütige Gefühls- und Stimmungsabfahrt, die so ergreifend und direkt ist, dass man kaum noch Luft bekommt.
Und wenn dann dieser Monument von einem Black Metal Album mit so einem grandiosen Ambientstück wie ‘Irrlichter’ ausklingt, bin ich manchmal in der Lage zu behaupten, dass "Elixir of Sorrow" das beste Black Metal Album ist, welches in meinem Besitz ist.
An anderen Tagen ist es dann wieder "Zyklus" mit seinen vier eiskalten Epen (‘Der Abend’!), die mich schockgefrostet zurücklassen. So eine Kälte und Leere haben sogar die großen Norweger niemals produziert. Sogar das etwas "schwächere" "Mond" gehört immer noch mit zu den besten Black Metal Alben aus Deutschland.
Und die beiden Abgesänge der Band "Andacht" und "Hoagascht" haben einen Ehrenplatz in meinem Herzen. Jedoch unterscheiden sich diese beiden Werke extrem von der mittleren Phase der Band. Aber wenn man LUNAR AURORA beschreiben soll, kann man nur verzweifeln, denn eine der bedeutendsten Eigenschaften dieser Band, ist, dass kein Album wie das andere klingt. Jedes Werk hat seinen eigenen Sound, seine eigene Stimmung, seine eigenen Songstrukturen, sein eigenes Songwriting und seine eigene Atmosphäre.
Wer "Andacht" mag, kann mit Elixir of Sorrow" z.B. große Probleme haben.
Das Gesamtwerk von LUNAR AURORA gehört für mich zum Besten, was der Black Metal hervorgebracht hat und die Rosenheimer sind vielleicht sogar die wichtigste Black Metal Band für mich. Gerade deswegen fällt es mir auch so schwer, die Musik und das Besondere der Band in Worte zu fassen. Es ist auch eine sehr persönliche "Beziehung" mit der Musik von LUNAR AURORA, die ich auch nicht wirklich erklären kann. Vielleicht ist es auch diese ganze Maskerade, die bei LUNAR AURORA eben nicht stattfindet, diese Bodenständigkeit und diese Finsternis, die ohne Satan und Symbolik auskommt.

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