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Sonntag, 5. August 2018

Muxmäuschenstill

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Regie: Marcus Mittermeier, 2004

Ich traue es mir fast gar nicht zu schreiben, aber “Muxmäuschenstill” aus dem Jahr 2004 ist einem "C'est arrivé près de chez vous" (Man Bites Dog) - es ist wirklich unglaublich - ebenbürtig.
Nein, “Muxmäuschenstill” ist kein Abklatsch, eine billige Kopie oder ein deutsches Remake des Kultklassikers aus Belgien. “Muxmäuschenstill” ist ein eigenständiger, kluger, anspruchsvoller und wahnsinnig ernster und ehrlicher Film, der aber kein Geheimnis daraus macht, dass sich dieser Film in jeder Sekunde, jeder Szene und in den Dialogen vor dem übergroßen Vorbild aus Belgien verneigt.
Mux versucht mit seinen Methoden die Welt zu verbessern, hier der Berliner Großstadtzirkus, indem er selbst Richter und Henker spielt.
Als seine rechte Hand wird Gerd, ein Langzeitarbeitsloser, von Mux als Begleiter und Kameramann angeheuert.
Gemeinsam üben sie Selbstjustiz aus, wobei Mux aktiv auch mal mit Knarre vor der Kamera die "Gesetzlosen" angeht und Gerd passiv hinter der Kamera alles dokumentiert.
Hierdurch entstehen unglaublich witzige Momente an den man aber innerhalb einer Nanosekunde zu ersticken droht. Der Film steigert sich immer mehr, die Gewalt wird schonungsloser und es wird kein Tabu umgangen. Kinderpornografie wird genauso behandelt wie "Bevorteilung" von Behinderten.
Es wird einfach nichts ausgelassen. Ob es nun Hundehalter sind und für die Scheißhaufen auf den Gehwegen bestraft werden, Falschparker auf den Behindertenparkplätzen, weil Mutters Kind mal eben nur kurz in die Ecke pinkeln muss, Opas mit Kinderpornographie in der Tüte zur Rede gestellt werden oder eine Studentin, die im Kaufhaus einen BH klaut und vor laufender Kamera und den Blicken von Mux und Gerd gedemütigt den geklauten BH wieder in der Umkleide ausziehen muss.
Mit fortschreitender Laufzeit, tut der Film auch schon mal weh. Manche Szenen sind schon recht derb, besonders weil sie "unkommentiert" und realistisch gezeigt werden - und hier sind die großen Parallelen zu “Man Bites Dog”.
Auf der anderen Seite wird man von der ersten Sekunde an von Mux an die Hand genommen und durch den Film geschleift. Jan Henrik Stahlberg trägt den Film zu jeder Sekunde und hat das gleiche Charisma und eine ähnliche Wirkung wie Benoît Poelvoorde in “Man Bites Dog”. Eine fantastische Schauspielleistung, die niemals aufdringlich oder realitätsfern wirkt.
Der Film hat zudem ein wackelfestes Fundament aus einem bitterbösen und tiefschwarzen Humor, der für einen deutschen Film schon fast zu heftig ist.
Natürlich ist der Film keine seichte Unterhaltung und manche Szenen sind wirklich unglaublich unangenehm, dabei verliert sich der Film nie in billiger Unterhaltung und sinnlosen Gewaltszenen und ist perfekt gestrafft und kontinuierlich auf den Punkt gebracht.
Ich bin stolz, dass so eine Filmperle aus Deutschland kommt - das muss man einfach mal sagen.
Für mich einer der besten Filme der letzten Jahre, die ich gesehen habe.

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