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Mittwoch, 9. März 2016

Viskningar och rop


Regie: Ingmar Bergman, 1972

Ingmar Bergman hat sich in den letzten Jahren zu meinen absoluten Lieblingsregisseur entwickelt. Solche einzigartigen und bildgwaltigen Kompositionen wie "Det sjunde inseglet", "Jungfrukällan" oder "Smultronstället" konnte nur ein Bergman komponieren. Kubrick, Tarkovskij, Wilder, Kurosawa und Fellini - alles übergroßartige Regiefürsten, aber letztendlich einem Bergman immer noch unterlegen.
"Viskningar och rop" gehört zu den schmerzhafteren und anstrengenderen, sowie extrem anspruchsvollen und unangenehmen Filmen von Bergman. Bergman war bekannt für seine extrem starken, authentischen und mutigen Frauenrollen, verbunden mit seinem manischen Fetisch die Psyche der Frau offenzulegen und möglichst tief in sie einzudringen (also in die Psyche).
Als mächtig großes Meisterwerk zu diesem "Thema" gehört sein eigener Film "Persona", den man kennen sollte.
"Viskningar och rop" spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts in einem edlen Wohnsitz und handelt von den 3 Schwestern Agnes, Maria und Karin, wobei Agnes wegen Krebs im Sterben liegt und wegen den qualvollen Schmerzen das halbe Haus zusammenschreit. Die einzige Person, die sich um Agnes kümmert und ihr menschliche Nähe, Wärme und Liebe schenkt, ist das Dienstmädchen Anna. Von allen 3 Schwestern gibt es jeweils eine Rückblende. Agnes erinnert sich an ihre Mutter, Maria an ihren Ehebetrug und den darauf folgenden Selbstmordversuch ihres Mannes und in Karins Erinnerung verstümmelt sie sich ihren Intimbereich mit einer Glasscherbe, weil sie ihren Mann hasst.
Alles spielt sich in ein paar Zimmern ab, die mit satten roten Wänden, Teppichen und Vorhängen für die Farbgebung sorgen. Durch die extrem bewundernswerten und erstaunlich schönen eingefangenen Lichteffekte, wirken die Bilder wie ein glühender Fiebertraum, in dem es kaum Musik gibt, sondern nur das ständige Ticken der Uhr, die beängstigenden Schmerzensschreie von Agnes und unverständliches Flüstern in den Szenenübergängen zwischen den Rückblenden und dem aktuellen Geschehen. Bergmans treuer Kameramann Sven Nykvist hat nicht umsonst dafür einen Oscar erhalten. Aber auch so ist die Kamera extrem dicht an den Gesichtern der Darstellerinnen dran, lässt kein Ausweichen zu und fängt jede Gefühlsregung ein. Alle 4 Frauen spielen ihre Rollen grandios, darunter auch wieder die großartige Liv Ullmann, die man als Bergman-Fan kennt und liebt. Auch die Ausstattung der wenigen Kulissen ist phänomenal, ebenso die Kostüme.
Dieses sehr unangenehme und reduzierte Kammerspiel gehört vielleicht nicht unbedingt zu den großen Filmen Bergmans, gehört aber in seiner Art mitunter zu seinem eindringlichsten und quälendsten Film, den man als Filmfan gesehen haben sollte.

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