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Sonntag, 20. Januar 2019

Burzum - Filosofem

Burzum-Filosofem





















Ja, BURZUM waren wichtig für die Black Metal Szene der 1990er Jahre, zumindest wenn man sich mit der Musik beschäftigt. Denn diese ist bis heute immer noch ein Unikat im Black Metal, einflussreich und faszinierend.
Die Alben "Burzum" bis einschließlich "Filosofem" sind für mich an manchen Tagen auch heute noch das Nonplusultra der zweiten Welle und der gesamten skandinavischen Black Metal Veröffentlichungen bis zur Jahrtausendwende.
Alles was der Typ von sich gibt, seine Taten, Ansichten, Erscheinungsbilder und Post-"Filosofem" Werke sind für mich komplett undiskutabel und stellen nicht nur eine der größten Dummheiten der Rockmusik dar, sondern bleiben auf Ewigkeiten als extrem bitterer Nachgeschmack an den ersten vier Alben kleben. Zudem gehe ich komplett konträr mit so einem Menschen. Ja, Kristian Vikernes ist und bleibt trotzdem ein Mensch. Das muss nicht jeder so halten.
Ich kann aber die ersten vier Alben, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen, hören, mich auf die Musik konzentrieren und alles andere ausblenden.
Das funktioniert aber nur, weil auf den vier Alben keine politischen Aussagen zu finden sind und es textlich sogar eher harmlos (und interessanter) zugeht, wenn man mal die Alben mit anderen Genrevertretern aus dieser Zeit vergleicht.
Ich bin mir bewusst, was hinter dem Namen BURZUM und Varg Vikernes steht, wie die "Band" wirkt und was für ein unglaublicher Höhlenmensch dahinter steckt, aber um die Bedeutung (über die man ebenfalls bis zur Unendlichkeit diskutieren kann) der frühen BURZUM Werke kommt man nicht herum, wenn man sich intensiv mit Black Metal auseinandersetzt.
Musikalisch und "historisch" betrachtet, gehören "Burzum" (1992), "Det som engang var" (1993) und "Hvis lyset tar oss" (1994) zu den bedeutendsten Vertretern der zweiten Black Metal Welle.
Keine anderen Black Metal Alben besitzen diese einzigartige Aura, diese misanthropische Stimmung, diesen schneidenden Sound, diese irren Psychovocals, diese Trägheit und diese stilbildende Gitarre.
Der Sound der ersten vier BURZUM Alben ist unkopierbar, bis heute unerreicht und für mich das Maß aller 90er Black Metal Alben.
Es ist auch völlig egal, welches der drei ersten Alben prägender war, denn man kann es drehen und wenden wie man will, jedes der drei ersten Werke ist auf seine Art einmalig und stilbildend.
Sei es das rohe, dilettantische Debüt, welches so reduziert ist, dass es beim hören schmerzt und mit dem Eröffnungstrio ‘Feeble Screams from Forests Unknown’, ‘Ea, Lord of the Depths’ und ‘Black Spell of Destruction’ drei absolute Klassiker der Szene enthält.
Der Nachfolger, der sich beim Thrash- und Death Metal bedient und das kantigste und ruppigste Album darstellt und zudem mit dem ersten Brummkreisel-Keyboard Smash Hit ‘Han som reiste’ aufwartet.
Oder das für viele beste Werk "Hvis lyset tar oss", welches die Blaupause für alle depressiven und suizidgefährdeten Black Metal Bands darstellt. Gleichzeitig ist gerade "Hvis lyset tar oss" auch eines der traurigsten und hoffnungslosesten Alben der Black Metal Szene, welches gleichzeitig wunderbar hymnisch und roh ist, dabei aber immer mit unfassbaren verwinkelten Melodien glänzt.
Das faszinierendste und prägnanteste Album ist aber das für mich letzte BURZUM Werk "Filosofem", welches so trostlos und kalt ist, dass sogar die "klassischen" Vorgänger daneben verblassen.
"Filosofem" ist vertonter Hass. So hässlich und eiskalt, wunderschön und beängstigend abstoßend klang danach nie wieder ein weiteres Black Metal Album.
Man muss sich einlassen auf diese rostige Gitarre, das anstrengende zähe Tempo, diese umwerfende schleppende Monotonie, das unerträglich reduzierte Schlagzeug und auf dem verzehrten "Gesang", der hier nicht wie bei den Vorgängern in extremen Tonlagen vor Schmerzen kreischt, sondern elektronisch verfremdet ist und eher klagt.
Zu "Filosofem" habe ich früher überhaupt keinen Zugang gefunden, bis mich das Album irgendwann mal komplett gefangen genommen hat.
Es ist schwer zu beschreiben, was an "Filosofem" den Reiz ausmacht, welche Anziehungskraft von dem Album ausgeht und welche Stimmung es heraufbeschwört. Es ist ein Album das völlig alleine in der Szene steht, ein Werk, dass eine unglaubliche Atmosphäre besitzt und auch heute noch die gleiche Energie ausstrahlt wie vor über 20 Jahren.
Das Gitarrenriff in ‘Jesus' Tod’ bringt mich auch heute noch um den Verstand, der Schlagzeugeinsatz in Verbindung mit dem Riff, gehört zu dem wohl größten Moment der gesamten Black Metal Welt von 1990 – 1999. So einen Gänsehautmoment findet man eher selten auf einem anderen Black Metal Werk.
Der schleppende Moloch ‘Dunkelheit’ mit seinen Keyboardtupfern, dem stampfenden Beat, dem monotonen Gitarrenriff und dieser betörend-bestialischen Stimme ist Tristesse in Reinkultur.
’Erblicket die Töchter des Firmaments’ mit diesen unheimlichen Melodien aus der Tiefe, diesen beschwörenden Gitarrenriffs in Verbindung mit dem trägen Schlagzeug und den verzehrten Vocals, sind kleine magische Momente.
Und dann wäre da noch dieses tranceartige Instrumentalstück ‘Rundgang um die transzendentale Säule der Singularität’, welches ganze 25 Minuten auf dem Album einnimmt.
Zusammen mit ‘Tomhet’ vom Vorgänger "Hvis lyset tar oss", das beste Stück 1-Finger-Casio-Keyboard-Ambient von Welt! Es ist so billig und doch so unglaublich dicht und atmosphärisch, dass ich mir das stundenlang anhören kann, ohne auch nur die geringste Ermüdungserscheinung zu spüren.
Bis hier hin, ‘Gebrechlichkeit II’ mit eingeschlossen, waren BURZUM die mit Abstand eigenartigste Band der Szene. Vielleicht auch die faszinierendste und einflussreichste Black Metal Band der 90er Jahre.
Musikalisch betrachtet, haben BURZUM für mich im Black Metal eine alleinige (Vormacht)Stellung bis zu "Filosofem" und haben mit den ersten vier Alben Werke erschaffen, die auch noch in 30 Jahren diskutiert und musikalisch zitiert werden.
Auch wenn es für mich sehr schwer ist, die Musik von den Ereignissen und der Person zu trennen, würde ich niemals der Musik die Bedeutung und die Faszination (die alleine aus der Musik entsteht und nicht, wie man gerne verwechselt, von der Person Varg Vikernes ausgeht) absprechen.
Denn aus meiner persönlichen Sicht, haben BURZUM mit ihren ersten vier Alben die vielleicht bedeutendsten und wichtigsten Alben der zweiten Black Metal Welle erschaffen.

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